Rx-Versandverbot

Apotheker: Jetzt erst recht! Lothar Klein, 31.03.2017 15:00 Uhr

Berlin - 

Das Aus für das Rx-Versandverbot hat viele Apotheker geschockt – aufgeben wollen sie aber noch nicht: „Jetzt heißt es umso mehr, die Apotheke vor Ort zu stärken. Immerhin waren sich in diesem Punkt bisher alle Parteien einig“, so Dr. Jens-Andreas Münch, Präsident der Apothekerkammer Sachsen-Anhalt. Jetzt werde man sich noch intensiver für den Erhalt der wohnortnahen Arzneimittelversorgung einsetzen.

Mathias Arnold, Verbandschef in Sachsen-Anhalt und ABDA-Vizepräsident, ergänzte: „Unsere Apotheken und die sichere Versorgung unserer Patienten dürfen nicht dem Profitstreben ausländischer Versandhändler geopfert werden. Daher ist die Zielsetzung ganz klar: Die Festpreise für rezeptpflichtige Arzneimittel in Deutschland als wesentliches Steuerungsinstrument der wohnortnahen Versorgung für alle Bürger müssen bleiben. Das ist für uns unverzichtbar.“

Diese Forderung richtet Arnold ganz speziell an die SPD-Bundesführung. Denn in Gesprächen auf kommunaler sowie Landesebene hätten sich zahlreiche SPD-Politiker deutlich für das geplante Gesetzesvorhaben zum Rx-Versandverbot ausgesprochen. „Also werden wir die positiven Signale aus der SPD-Kommunal- und -Landespolitik noch intensiver nach Berlin tragen. Und wir werden die Probleme rund um die sichere Arzneimittelversorgung im kommenden Bundestagswahlkampf thematisieren.“

Wichtig sei, alle Patienten weiterhin schnell, sicher und wohnortnah mit Arzneimitteln einschließlich individuellen Rezepturen sowie anderen Gesundheitsprodukten zu versorgen, wenn erforderlich bis ans Krankenbett. „Wir sind die Arzneimittel-Experten und informieren und beraten persönlich unsere Patienten zur richtigen Anwendung ihrer Medikamente, zu weiteren Gesundheitsfragen und auch im Notfall sichern wir die Arzneimittelversorgung ab. Problematisch ist allerdings, dass die SPD momentan die Interessen ausländischer Versender über das Wohl der Patienten, die auf eine flächendeckende Versorgung in Stadt und Land angewiesen sind, und über die Interessen von über 150.000 Mitarbeitern in den Apotheken gestellt hat“, so Arnold.

Für Dr. Klaus Michels, Verbandschef in Westfalen-Lippe, ist das Scheitern des Rx-Versandhandelsverbots ein „herber und gefährlicher Rückschlag für die bewährte Arzneimittelversorgung und das deutsche Gesundheitssystem“. Jetzt gehe es um die politische Entscheidung, ob es in Zukunft noch überall in deutschen Städten und Gemeinden Präsenzapotheken geben wird. „Die Apotheken sind in großer Gefahr. Das Risiko eines ruinösen Preiswettbewerbs für die Apotheken an ihren Standorten haben maßgebliche Politiker offensichtlich immer noch nicht hinreichend erkannt“, warnte Michels.

In einem Flächenland wie Nordrhein-Westfalen sei die Gefahr besonders groß. Michels: „Wir Apotheker in Westfalen-Lippe werden daher nicht locker lassen und fordern weiterhin, dass die Politik ihrer Verantwortung für eine sichere und zuverlässige Versorgung mit Arzneimitteln in der Fläche und im Nacht- und Notdienst überzeugend gerecht wird.“ Derzeit planen die Kammern und Verbände in NRW gemeinsame Aktionen im Landtagswahlkampf.

Mit großem Unverständnis reagierte auch Kammerpräsidentin Gabriele Regina Overwiening auf den ergebnislosen Verhandlungsmarathon im Koalitionsausschuss. „Leider konnte sich die SPD auch nicht in letzter Minute dazu durchringen, dem Vorschlag von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe zuzustimmen.“
Besonders ärgert sich die Kammerpräsidentin darüber, dass die Bundes-SPD gegen die Interessen der Bundesländer und Kommunen entschieden hat: „Der Bundesrat hatte dem Versandverbot schon im Vorfeld mit großer Mehrheit zugestimmt, und auch die vielen Gespräche auf Bürgermeisterebene lassen keinen Zweifel daran, dass die politischen Entscheidungsgremien, die näher am Bürger sind, sich sehr eindeutig für die Apotheke vor Ort positioniert haben – gerade angesichts der demographischen Entwicklung“, so die Kammerpräsidentin.