Substitution

Koalition verärgert über Apotheker und Kassen Benjamin Rohrer, 25.07.2013 12:54 Uhr

Kein Verständnis: Daniel Bahr (FDP) und Jens Spahn (CDU) sind verärgert, weil Apotheker und Krankenkassen sich in Sachen "aut-idem-Liste" nicht einigen können. Foto: Elke Hinkelbein
Berlin - 

Die Koalition hat auf das Aus der Verhandlungen um die sogenannte „aut-idem-Liste“ verärgert reagiert: Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) sprach in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung von einem „Armutszeugnis“ für Kassen und Apotheker. Ein Sprecher seines Ressorts fügte hinzu: „Wir erwarten eine schnelle Lösung durch die Selbstverwaltung.“ CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn sieht die Kassen in der Pflicht: „Hier scheint der GKV-Spitzenverband das Problem zu sein.“ Der Kassenverband wiederum gibt den Apothekern die Schuld.

In dem Konflikt geht es um eine Liste von Wirkstoffen, die von der Austauschpflicht ausgeschlossen werden sollen. Mit der AMG-Novelle hatte die Regierung Kassen und Apotheker verpflichtet, eine solche Liste in den Rahmenvertrag aufzunehmen. Seit Wochen laufen dazu Gespräche. Der Deutsche Apothekerverband (DAV) hatte die Verhandlungen am gestrigen Mittwochabend jedoch für gescheitert erklärt und will nun die Schiedsstelle anrufen.

Die AMG-Novelle war bereits im vergangenen Herbst verabschiedet worden. Weil bis zum Sommer noch keine Ergebnisse vorlagen, hatte die Politik den Druck erhöht: Der Gesundheitsausschuss des Bundestages hatte den Verhandlungspartnern vor einigen Woche einstimmig eine Frist gesetzt.

Bahr sagte, ein dreiviertel Jahr nach der Regelung hätte er ein Ergebnis erwartet. „Leidtragende sind nun Patientinnen und Patienten, die länger auf eine für sie wichtige Regelung warten müssen.“

Spahn hat die Hoffnung auf eine Selbstverwaltungslösung offenbar schon aufgegeben: „Wenn die Selbstverwaltung nicht willens oder in der Lage ist, gesetzliche Aufträge umzusetzen, führt sie sich selbst ad absurdum. Wir sollten das nach der Wahl schnell gesetzlich regeln, denn solange das nicht geregelt ist, werden Patienten und Ärzte unnötig verunsichert.“

Der Kassenverband wies indes erneut darauf hin, dass es ihm um die Aufstellung eines Kriterienkataloges gehe, nach dem die Liste regelmäßig erneuert werden kann. Dies sei ein „grundlegender Unterschied“ zu den Forderungen der Apotheker, die eine Wirkstoffliste forderten. „Unser Vorgehen verspricht eine auf nachvollziehbaren Kriterien fußende und weniger willkürliche Auswahl. Zugleich kann man auf Veränderungen des Marktes auch unter mittel- und langfristiger Perspektive gut reagieren“, so die Verbandssprecherin.

Zuvor war bekannt geworden, dass die Kassen lediglich fünf Wirkstoffe auf die Liste setzen wollten. Zum Scheitern der Verhandlungen sagte die GKV-Sprecherin: „Die Apotheker haben eine Rückmeldefrist zum derzeitigen Verhandlungsinhalt verstreichen lassen (Mittwoch).“ Diese Frist sei in der vergangenen Woche auf Vorstands- und Verhandlungsführerebene vereinbart worden. Der DAV will von dieser Frist nichts wissen.

Für die Reaktion der Apotheker haben die Kassen wenig Verständnis: „Zumindest wir fühlen uns nach wie vor an die vereinbarten Verfahrensregeln gebunden“, sagte die GKV-Sprecherin.

In den Reihen der Apotheker sorgt die Kassenhaltung für Unmut: Dr. Hans-Rudolf Diefenbach, stellvertretender Vorsitzender des Hessischen Apothekerverbandes (HAV), bezeichnete den Verhandlungsabbruch als „Offenbarungseid der Krankenkassen“.

Bei den Kassen entscheide derzeit nur der Preis, so Diefenbach. „Das nutzt dem Patienten nichts und blockiert die Therapiefreiheit der Ärzte. Die pharmazeutische Verantwortung der Apotheker wird ad absurdum geführt. Das muss aufhören“, so Diefenbach.

Der Vize des Landesapothekerverbandes Niedersachsen (LAV), Uwe Hansmann, fordert sogar, dass die Verhandlungsmacht des GKV-Spitzenverbandes eingeschränkt werde: „Die Machtfülle dieses Verwaltungmolochs muss umgehend eingeschränkt werden.“ Die Vorschläge der Apotheker zur aut-idem-Liste seien fachlich bestens begründet gewesen, findet Hansmann.