Video-Interview ADKA

„Klinikapotheken werden deutlich belastet“ APOTHEKE ADHOC, 08.11.2010 09:52 Uhr

Berlin - 

Wenn das Arzneimittelmarkt-Neurordnungsgesetz (AMNOG) zum Jahreswechsel in Kraft tritt, muss die Pharmaindustrie Abschläge sowohl an GKV als auch an PKV zahlen. Deutschlands Kliniken und ihre Apotheker fürchten, dass der Preisdruck auf sie zunimmt. APOTHEKE ADHOC sprach mit dem Geschäftsführer des Bundesverbands Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA), Klaus Tönne, über die unerwünschten Nebenwirkungen von Spargesetzen und alternative Tätigkeitsfelder für Krankenhausapotheken.


ADHOC: Was bedeutet das AMNOG für die Klinikapotheken?

TÖNNE: Wir haben es mit dem Preismoratorium und dem Herstellerrabatt zu tun, der jetzt in erhöhtem Maße kommt. Wir sehen die Gefahr, das heißt wir stellen sogar schon konkret fest, dass Firmen, die Monopolpräparate anbieten, ihren Preis im stationären Bereich ohne den Herstellerrabatt, der ja für uns nicht gilt, berechnen. So stellt sich der Preis für den stationären Bereich teurer dar als für den GKV-Bereich.


ADHOC: Wollen Sie feste Preise?

TÖNNE: Wir sind nach wie vor durchaus interessiert an einer freien Preisbildung der Kliniken, nicht dass da ein falscher Eindruck entsteht. Aber wir haben wegen der relativ monopolistischen Struktur der Hersteller im Prinzip keine Möglichkeit mehr, auf dem Verhandlungsweg bessere Preise zu erzielen. Deshalb halten wir zumindest einen teilregulativen Aspekt für notwendig.


ADHOC: Was erwarten Sie von der Politik?

TÖNNE: Wir stellen uns eine Deckelung der Preise vor auf dem Niveau, was für GKV-Patienten zu bezahlen ist. Wir wollen die freie Preisbildung im Krankenhaus durchaus beibehalten. Aber wir haben es zum ersten Mal mit der Situation zu tun, dass tatsächlich höhere Preise als im GKV-Bereich entstehen können. Das war früher eigentlich gar nicht möglich, weil es da diese regulativen Eingriffe in die Preisbildung nicht gab. Deswegen sehen wir hier unbedingt Handlungsbedarf. Wir sehen tatsächlich eine deutliche Mehrbelastungen der Kliniken auf uns zukommen.


 


ADHOC: Warum brauchen Apotheken Hilfe bei Sterilrezepturen?

TÖNNE: Die Herstellung von Sterilrezepturen findet in öffentlichen Apotheken statt, die entsprechend ausgestattet sind. Das ist durchaus eine nennenswerte Zahl. Aber es ist bei weitem nicht in dem Umfang der Fall, wie eine Nachfrage von Patienten nach Sterilrezepturen besteht. Wir sehen in unserer täglichen Praxis, dass die Nachfrage nach der Hilfe bei der Rezepturherstellung an Krankenhausapotheken, wie auch an öffentliche Apotheken, da ist.


ADHOC: Ist das Einstieg aus dem Ausstieg aus der Rezeptur?

TÖNNE: Dieses Argument wird natürlich vorgetragen und das muss man ernst nehmen: Es kann tatsächlich in Einzelfällen Tendenzen geben, wo Apotheken sagen, dann ziehen wir uns doch ganz aus der Rezepturherstellung zurück. Das kann sicher nicht Sinn der Sache sein, denn die Apotheke, so wie ich sie kennengelernt habe und wie ich sie auch immer noch verstehe, ist die Stelle, wo Arzneimittel gehandelt, aber auch hergestellt werden. Nur es gibt Rezepturen, die erfordern ein besonderes Know-how, eine besondere technische Ausstattung. Das kann man nun nicht von jeder Apotheke verlangen.


ADHOC: Wollen Klinikapotheken Lohnhersteller werden?

TÖNNE: Es gibt einzelne, die haben eine Herstellererlaubnis und könnten so als Lohnhersteller verstanden werden. Das ist aber sicher nicht unser Ziel. Es geht darum, dass wir Patienten helfen wollen, die sonst umher irren, bis sie eine entsprechende Apotheke finden würden, die dazu technisch in der Lage ist. So könnte jede Apotheke hingehen und sagen: 'Nachbarapotheke oder Krankenhausapotheke, mach mir diese Rezeptur, ich bezahl dir was dafür'. Der Patient hat dann eben sein Medikament. Darum geht es.


ADHOC: Wollen Sie in Wettbewerb mit öffentlichen Apotheken treten?

TÖNNE: Wir haben überhaupt kein Interesse, hier irgendwelche Geschäftsfelder auszuweiten. Das ist kein Geschäft, das muss man mal deutlich sagen. Da kann man vielleicht Kostenneutralität erzielen, aber mehr auch nicht. Geld wird damit nicht verdient. Ich sehe hier wirklich einen gemeinnützigen Ansatz.