Klinik-Reform: Laumann kritisiert Lauterbach Philipp Kutter, 31.01.2024 11:24 Uhr
Im Ringen um die geplante Krankenhausreform hat Nordrhein-Westfalens Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) Wortbruch vorgeworfen. Dabei geht es um Äußerungen Lauterbachs, nach denen die Klinikreform im Bundesrat nicht zustimmungspflichtig sein soll. „Das Gesetz streift landesrechtliche Regelungsbereiche und ist zustimmungspflichtig“, sagte Laumann am Mittwoch laut einer Mitteilung.
Lauterbach hatte am Vortag bekannt gegeben, dass die Reform im April ins Bundeskabinett eingebracht werden soll. „Das große Finanzierungsgesetz ist nicht zustimmungspflichtig“, sagte er. Die Reform soll Kliniken von dem Druck befreien, aus Umsatzgründen möglichst viele Patientinnen und Patienten zu behandeln. Patientinnen und Patienten mit komplexen Eingriffen sollen zudem verstärkt in spezialisierten Häusern behandelt werden.
Laumann sagte, Bund und Länder hätten gemeinsam an Eckpunkten der Reform gearbeitet. „Trotz einiger Bedenken im Länderkreis ist es immer Grundsatz unserer Arbeit gewesen, im Sinne der Sache zu agieren und die Reform nicht durch parteipolitische Interessen zu gefährden“, erklärte Laumann. Als „mehr als irritierend“ habe er empfunden, dass Lauterbach in der Gesundheitsministerkonferenz am Montag verneint habe, „das Krankenhausgesetz und die Umsetzungsverordnungen des Krankenhausgesetzes weiterhin zustimmungspflichtig gestalten zu wollen“. Laumann: „Wenn das wirklich so kommen sollte, käme dies einem Wortbruch gleich und würde das gegenseitige Vertrauen erschüttern.“ Diese Sichtweise habe Lauterbach bei der Bekanntgabe des Reform-Fahrplans dann noch einmal bestätigt.
„Es ist denkbar, dass Minister Lauterbach glaubt, mit der Mehrheit der SPD-geführten Länder im Rücken im Bundesrat ein wenig ambitioniertes Gesetz auch ohne Zustimmung einer breiten Ländermehrheit in Kraft setzen zu können“, sagte Laumann. „Ich kann hier nur an alle Länder appellieren, ihre grundgesetzlich festgeschriebenen Gestaltungsrechte in der Krankenhausplanung nicht zugunsten der Parteiräson zu opfern.“
Klinikreform und Klinik-Atlas
Die Klinikreform soll eine neue Bezahl-Methode einführen. Krankenhäuser sollen dann nicht mehr aus Umsatzgründen möglichst viele Behandlungen durchführen. Zudem sollten „große Qualitätsdefizite“ durch mehr Spezialisierung vermindert werden, sagte Lauterbach am Dienstag. So werde heute ein Drittel der Krebsbehandlungen in jenen zwei Dritteln der deutschen Kliniken durchgeführt, die sich darauf mangels Erfahrung gar nicht gut verstünden. Die Folge seien: schwere Komplikationen wie beispielsweise Sepsis.
Die Reform wird nach Prognose Lauterbachs die Kliniklandschaft deutlich verändern – manche Kliniken vor allem in westdeutschen Großstädten dürften dann abgebaut werden. „Es ist ganz klar, dass wir ein Überangebot an Kliniken haben“, sagte Lauterbach. In überversorgten Städten seien Belegungen von nur 50 bis 70 Prozent keine Seltenheit. „Das Personal fehlt uns für andere Einrichtungen. Daher haben wir zu viele Kliniken.“ Künftig könnten etwa große Medizinische Versorgungszentren an die Stelle von heutigen Kliniken, die nicht mehr gebraucht würden, treten.
Gleichzeitig gebe es unterversorgte Gebiete in ländlichen Regionen – auch durch Zuschläge sollten Kliniken hier am Netz gehalten werden. Auf die Frage, wie viele Kliniken künftig in Deutschland noch gebraucht würden, lehnte Lauterbach eine Antwort als „Spekulation“ ab. Laut Statistischem Bundesamt gab es 2022 noch 1893 Krankenhäuser in Deutschland.
Klinik-Atlas ab Mai
In drei Monaten sollen die Bürgerinnen und Bürger vor einer Operation die besten Kliniken per Online-Check auswählen können. Mittelfristig sollen sie bei komplizierten Eingriffen gar nicht mehr in weniger erfahrene Krankenhäuser gehen. Nicht alle Kliniken dürften überleben.
Patientinnen und Patienten in Deutschland sollen ab 1. Mai vor einer Klinik-Behandlung das am besten geeignete Krankenhaus online aussuchen können. Lauterbach kündigte am Dienstag an, dass der entsprechende Klinik-Atlas dann an den Start gehen solle. Darauf soll die geplante große Klinikreform folgen, um die Bund und Länder seit Monaten ringen. „Die Krankenhausreform ist zurück in der Spur“, sagte Lauterbach.
Der Klinik-Atlas soll bereits zum Start Auskunft darüber geben, wie viel Erfahrung eine Klinik mit bestimmten Eingriffen hat, etwa bei Krebsbehandlungen. Lauterbach zeigte sich zuversichtlich, dass das entsprechende Transparenzgesetz am 22. März im Bundesrat beschlossen werden könne. Zuvor ist das geplante Regelwerk Gegenstand im Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag. Der Bundesrat hatte es zunächst mehrheitlich abgelehnt.