Die Freie Apothekerschaft (FA) hat in der vergangenen Woche Ernst gemacht: Sie reichte beim Verwaltungsgericht Berlin ihre Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland ein. Auch eine Pressekonferenz im Gebäude der Bundespressekonferenz wurde direkt angekündigt. Für die beteiligten Inhaber:innen geht es um ihren gesamten Berufsstand: Eine regelmäßige Honorarüberprüfung sei gesetzlich verankert, geschehen sei aber nichts und das solle nun Konsequenzen haben. Auch weitere Klagen seien möglich.
Beauftragt wurde mit der Klage Rechtsanwalt Dr. Fiete Kalscheuer. Er ist Fachanwalt für Verwaltungsrecht in der Kanzlei Brock Müller Ziegenbein in Kiel und erstellte die Feststellungsklage wegen des Bestehens eines Anspruchs auf Änderung des § 3 Abs. 1 Satz 1 Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV). „Wie auch immer das Verfahren ausgeht: Es ist ein Moment für die Apotheken, der in die Geschichte eingehen wird“, befindet Daniela Hänel, 1. Vorsitzende der FA.
Jahrelang habe eine finanzielle Abkoppelung der Apotheken von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung stattgefunden. Eine Anpassung des Fixhonorars an die Kostenentwicklung der Apotheken sei ausgeblieben. „Mit der Klage setzen wir ein Zeichen gegen die langjährige Untätigkeit der Politik und die fehlende Anerkennung“, so Hänel weiter. „Professor Dr. Andreas Kaapke hat im Rahmen seiner Begutachtung jetzt einen Wert für das Fixhonorar ermittelt. Es wäre nunmehr vorrangig Aufgabe der Politik, entsprechende Anpassungen der Arzneimittelpreisverordnung vorzunehmen.“
Mit einem schnellen Verfahren scheint bei der FA aber niemand zu rechnen: „Wir wissen, dass es ein langer und steiniger Weg werden wird, denn wir haben ja nicht nur Freunde“, heißt es von Apothekerin Hänel. „Für uns ist es das erste Mal, dass wir eine derartige Maßnahme gegen ein Bundesministerium auf den Weg gebracht haben – und das neben unserer täglichen Arbeit in der Apotheke, ohne Stabsstelle, ohne weiteres Personal.“
Die Inhaberin aus Zwickau lässt zudem offen, ob die FA oder einzelne Apotheker:innen nicht eventuell noch weitere Klage anstreben. Zudem betont die Vorsitzende, dass die Klage ohne Sponsoren und ohne Fremdkapital und nur dank der Mitglieder finanziert werden könne.
Unterstützung gibt es für das Vorgehen der FA vom Bundesverband Deutscher Apothekenkooperationen (BVDAK). Derartige Aktivitäten zur Anpassung des Apothekenhonorars verdienten Unterstützung, heißt es in einer offiziellen Erklärung. „Bisher hat sich auf dem Verhandlungsweg zwischen den beteiligten Bundesministerien und der Abda, unserer Standesvertretung, nichts Erkennbares getan. Auf den Deutschen Apothekertag 2023 zurückblickend verwundert dies kaum: Per Video zugeschaltet wich der Gesundheitsminister den Argumenten der Kollegen aus, konkrete Zusagen zu einer angemessenen Honorierung unserer apothekerlichen Leistungen sind von ihm nicht zu erwarten“, so der Vorsitzende Dr. Stefan Hartmann.
Zwar habe die Klage der FA überrascht, doch der BVDAK unterstütze die Idee nachdrücklich. Proteste, Apothekenschließungen, unzählige Gespräche mit den Gesundheitspolitikern in den Ländern und auf Bundesebene hätten bereits Aufmerksamkeit auf die Unterfinanzierung der Apotheken und das Apothekensterben gelenkt. Die Klage könne nun ein weiterer Baustein auf dem Weg zur leistungsgerechten Honorierung der Apotheken sein.
„Zur FA kann man stehen, wie man möchte. Die FA ist der sichtbare Protest der Basis gegen eine oft visionslose und rückwärtsgewandte Standespolitik“, meint Hartmann weiter. „Fundamentalblockaden der Abda lehnen wir ab, das Positive, und das ist diese Klage, unterstützen wir nachdrücklich. Ebenso werden wir weiterhin jedes Bestreben zur bereits begonnenen Erneuerung der Abda und nach vorne gerichteter Aktivitäten unserer Standesvertreter unterstützen.“
Auch wenn es unterschiedliche Ansichten bezüglich der Erfolgsaussichten der Klage gebe, wolle der BVDAK hier keine voreiligen Schlüsse ziehen; der Ausgang sei abzuwarten. „Wir unterstützen die offiziellen Verhandlungen und ebenso die Klage der FA. Die Leistungen der öffentlichen Apotheken müssen angemessen honoriert werden. Dies ist über eine Erhöhung des Packungshonorars möglich, die den erweiterten Anforderungen an die Apotheken und der Entwicklung der Kosten (mindestens) der letzten zehn Jahre Rechnung trägt“, so Hartmann abschließend.
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