Kranke Kinder bekommen zu oft und zu viel Antibiotika verordnet. Zu diesem Schluss kommt der Autor des GEK-Arzneimittelreports 2008, Professor Dr. Gerd Glaeske, nach der Analyse der Versichertendaten der Gmünder Ersatzkasse aus dem vergangenen Jahr. Bei Infektionen der oberen Atemwege sowie bei Mittelohrentzündungen seien diese Mittel fehl angewendet, sagte Glaeske bei der Vorstellung des Report heute in Berlin. Die Infekte seien meist viral bedingt und heilten in der Regel nach kurzer Zeit spontan aus. Bei Mittelohrentzündungen empfahl Glaeske alternativ die Verordnung eines Schmerzmittels wie Ibuprofen.
Dem Report zufolge entfallen 20 Prozent der GEK-Ausgaben für Antibiotika auf Kinder und Jugendliche. Bei Kindern mit Atemwegsinfekten oder einer Mittelohrentzündung würden sie in 80 Prozent der Fälle verordnet. Das ist laut Glaeske nicht nur wegen häufiger unerwünschter Wirkungen wie Durchfall, Erbrechen oder Übelkeit fragwürdig. Die unnötigen Verschreibungen beschleunigten die weltweit wachsende Antibiotikaresistenz. Schätzungen wiesen darauf hin, dass wahrscheinlich mehr Menschen an den Folgen sterben als an Aids.
Auch Marion Caspers-Merk (SPD), Parlamentarische Staatssekretärin im Gesundheitsministerium, äußerte sich besorgt über den Anstieg des Antibiotika-Konsums sowie die damit verbundene zunehmende Resistenzentwicklung der Erreger. Da sich die Problematik nicht nur auf Deutschland beschränke, arbeite man sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene an Lösungsstrategien, so Caspers-Merk. In der vergangenen Woche hatte das Bundesgesundheitsministerium (BMG) einen Strategie-Entwurf zur Erkennung, Prävention und Kontrolle von Antibiotika-Resistenzen vorgestellt.
APOTHEKE ADHOC Debatte