Klinikreform auf dem Weg in den Bundestag Laura Schulz, 15.05.2024 12:46 Uhr
Die umstrittene Neuaufstellung der Kliniken kommt voran: Die Krankenhäuser in Deutschland sollen unter weniger finanziellem Druck stehen und sich bei Behandlungen stärker spezialisieren. Darauf zielen Gesetzespläne von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) ab, die das Kabinett heute auf den Weg gebracht hat. Die Debatten um das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) gehen derweil weiter.
Die Reform soll die bisherige Vergütung mit Pauschalen für Behandlungsfälle ändern. Künftig sollen Kliniken 60 Prozent der Vergütung schon für das Vorhalten bestimmter Angebote bekommen. Grundlage der Finanzierung durch die Krankenkassen sollen zudem genauer definierte „Leistungsgruppen“ sein. Sie sollen bestimmte Klinik-Behandlungen genauer beschreiben und bundeseinheitliche Qualitätsvorgaben absichern.
Lauterbach sagte, mit der Reform ziehe die Regierung die Notbremse: „Ohne die Strukturen der stationären Versorgung zu ändern, drohen Klinik-Insolvenzen, schlechte Behandlung und weite Wege.“ Die Neuregelungen sollten in einer alternden Gesellschaft gute stationäre Behandlung für alle gewährleisten. „Das Krankenhaus auf dem Land, die Geburtsstation in erreichbarer Nähe, eine schnelle Versorgung im Notfall und hervorragende Qualität bei komplizierten Eingriffen – diesen berechtigten Ansprüchen der Patientinnen und Patienten müssen wir gerecht werden. Fallpauschalen, die momentan oft das medizinische Handeln bestimmen, werden wir deshalb durch Vorhaltepauschalen und Qualitätsvorgaben ersetzen. Dann bestimmt der medizinische Bedarf die Behandlung, nicht die Ökonomie.“
Gegen die Pläne haben die Länder Einwände angemeldet. Lauterbach hat das Gesetz aber nicht mehr so angelegt, dass es im Bundesrat zustimmungsbedürftig ist. Der Entwurf kommt nun in die Beratungen im Bundestag. In Kraft treten soll das Gesetz Anfang 2025, die konkrete Umsetzung soll dann Schritt für Schritt in den Jahren danach folgen.
Die Reform im Überblick
- Ökonomischen Druck nehmen: „Durch eine Vorhaltevergütung sollen bedarfsnotwendige Krankenhäuser künftig weitgehend unabhängig von der Leistungserbringung zu einem relevanten Anteil gesichert werden. Kurzfristig wird die Berechnungsgrundlage für die Bezahlung der Krankenhäuser (Landesbasisfallwert) angepasst.“
- zusätzliche Mittel für Stroke Units, Traumatologie, Pädiatrie, Geburtshilfe, Intensivmedizin, Koordinierungsaufgaben, Unikliniken und Notfallversorgung
- verbesserte Versorgungsqualität durch Kriterien für 65 Leistungsgruppen (LG)
- Länder weiter für die Krankenhausplanung verantwortlich. „Sie entscheiden, welches Krankenhaus welche Leistungsgruppen anbieten soll.“
- Kooperationen und Verbünden zur Erfüllung der Qualitätskriterien sind zulässig.
- Ausnahmeregelungen für bedarfsnotwendige Krankenhäuser in ländlichen Räumen zur Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgung. Bestehende Zuschläge werden hierfür erhöht.
- wohnortnahe Grundversorgung sichern: „Durch sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen (Level 1i) werden zusätzlich zu den bedarfsnotwendigen Krankenhäusern im ländlichen Raum, die einen Zuschlag erhalten, wohnortnah stationäre Krankenhausbehandlung mit ambulanten und pflegerischen Leistungen verbunden. Diese Einrichtungen sichern eine wohnortnahe medizinische Grundversorgung durch eine Bündelung interdisziplinärer und interprofessioneller Leistungen.“
- Transformationsfonds für notwendige finanzielle Ressourcen für die Umgestaltung. Über zehn Jahre sollen bis zu 50 Milliarden Euro bereitgestellt werden.
- Entbürokratisierung: „Mit der Einführung der Vorhaltevergütung verringert sich der Aufwand bei Abrechnungsprüfungen, da strukturierte Stichprobenprüfungen die bisherigen Einzelfallprüfungen ersetzen sollen.“