„Keiner hat meine Zahlen widerlegt“ APOTHEKE ADHOC, 11.10.2012 12:10 Uhr
Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) hat aus seiner Sicht schon viel für die Apotheken getan. Anlässlich seines Besuchs in einer Landapotheke im bayerischen Jetzendorf sprach er mit APOTHEKE ADHOC über die geplante Notdienstvergütung, die Verhandlungen zum Fixhonorar, den Kassenabschlag und sein Standing bei den Apothekern.
ADHOC: Herr Bahr, was machen Sie hier?
BAHR: Ich möchte mir mal eine typische Landapotheke anschauen und einen Notdienst erleben, denn wir werden den Notdienst neu regeln. Wir wollen dafür sorgen, dass die Apotheken, die rund um die Uhr die Versorgung gewährleisten, gerade auf der Fläche dafür auch eine finanzielle Anerkennung bekommen. Diese Neuregelung wirft viele Fragen auf: Es ist eine völlig neue Vergütungsproblematik und deshalb bin ich hier, um Fragen zu stellen und Antworten zu bekommen.
ADHOC: Was ist ein Notdienst konkret in Euro wert?
BAHR: Insgesamt werden wir 120 Millionen Euro zur Verfügung stellen für diese besondere Anerkennung der Leistungen rund um die Uhr in Form von Notdiensten. Wie das genau ausgestaltet wird, das wird jetzt diskutiert: Ob das eine Pauschale ist, eine Stundenvergütung, welche Zeit berücksichtigt wird, welche Leistung – all das müssen wir uns jetzt genau anschauen.
ADHOC: Zuletzt war von 200 Euro pro Notdienst die Rede. Würden Sie es dafür machen?
BAHR: Bislang stellen sich die Apotheker auch ohne die 200 Euro hinter den Tresen, und das ist auch ihre Aufgabe. Das kann nie kostendeckend sein, sondern immer nur eine Anerkennung. Ärzte und Apotheker haben wie alle Heilberufe auch Gemeinwohlpflichten zu erfüllen. Wir sorgen ja auch für einen gesunden Schutz. Apotheken haben das Fremd- und Mehrbesitzverbot, Drogerien und Supermärkte dürfen keine Medikamente verkaufen. Jeder, der diesen Beruf ergreift, weiß, dass er diese Pflichten übernehmen muss, und dazu gehört auch ein Notdienst.
ADHOC: Sehen Sie die Notdienstpauschale als Paket mit den 25 Cent Honorarerhöhung?
BAHR: Mir geht es nicht in erster Linie um die Vergütung. Ich will ein Beitrag dazu leisten, dass die Arzneimittelversorgung in Deutschland gewährleistet ist. Und das machen wir mit mehreren Maßnahmen: Wir sorgen dafür, dass ausländische Versandapotheken keine Wettbewerbsvorteile haben, wir sorgen dafür, dass erstmals seit 2004 der Fixzuschlag angehoben wurde.
Ich weiß, dass einige Apotheker sich mehr gewünscht hätten. Aber das wird alles aus den Pflichtbeiträgen der Versicherten finanziert. Deshalb müssen wir auch berücksichtigen, dass wir einen gestiegen Packungsabsatz haben. Seit 2004 hat die Anzahl um circa 10 Prozent zugenommen, damit hat sich auch der Umsatz der Apotheker erhöht.
Zusätzlich regeln wir jetzt auch noch die Notdienstverordnung gerade für Landapotheken. Das setzt an mehreren Punkten an, um Apotheken eine klare und leistungsgerechte Vergütung zu gewährleisten.
ADHOC: Also ist der Betrag von 25 Cent eine politische Lösung?
BAHR: Das ist eine gerechte Lösung, weil keiner meine Zahlen widerlegt hat. Wir haben uns mit den Apothekern die Zahlen angeschaut. Es gibt einen Streit, ob die gestiegene Packungsanzahl berücksichtigt werden soll oder nicht. Ich finde es gerechtfertigt, denn es ist ja eine packungsabhängige Vergütung. Also muss man auch schauen, wie viele Packungen über die Tresen gegeben werden.
Von daher glaube ich, ist das eine faire Regelung, die wir gefunden haben. Es wird nicht nach politischem Gutdünken die Summe festgelegt, wir haben aufwändig mit dem Statistischen Bundesamt und den Apothekern eine Regelung gefunden und die ergibt sich aus den Zahlen. Keiner hat diese Zahlen widerlegt.
ADHOC: Sie waren einmal der Liebling der Apotheker. Können Sie verstehen, dass die Apotheker heute sauer auf Sie sind?
BAHR: Wenn Sie Politiker werden, können Sie nie Liebling der Leute werden. Dann müssen Sie Moderator einer Show werden. Wenn man Politiker werden will, löst man Sachprobleme, dafür macht man das mit viel Leidenschaft. Dass ich das mache, werden auch die Apotheker sehen, wenn sie Bilanz ziehen. Diese Regierung hat so viel wie keine Regierung vorher für die Apotheken und für eine gute Arzneimittelversorgung gemacht: Wir haben faire Wettbewerbsbedingungen hergestellt bei ausländischen Versendern, wir haben die Apothekenbetriebsordnung erneuert und damit die inhabergeführte Apotheker geschützt. Wir kämpfen dafür, dass das Mehr- und Fremdbesitzverbot gegen Widerstände Anderer erhalten bleibt. Wir haben erstmals seit 2004 die Vergütung angepasst und vieles andere mehr. Dass sich einzelne Berufsgruppen immer mehr wünschen vom Gesundheitsminister, das ist immer so, man kann es nicht allen recht machen.
ADHOC: Funktioniert die Selbstverwaltung beim Kassenabschlag noch?
BAHR: Wir haben gerade bei den Ärzten erlebt, dass es in der Selbstverwaltung schwierige Verhandlungen und zähe Prozesse gibt. Das ist nicht immer zur Begeisterung des Gesundheitsministers. Ich ärgere mich auch über die Selbstverwaltung. Es ist aus meiner Sicht aber besser, wenn Krankenkassen und Ärzte oder Krankenkassen und Apotheken die Dinge selbst regeln. Dabei wünsche ich mir mehr Gemeinsamkeit. Dieses Gegeneinander mit Gutachten, diese Konfrontation in den Verhandlungen – dafür habe ich wenig Verständnis. Das schaue ich mir an und erwarte, dass es zu einem guten Ergebnis kommt. Ab und zu bringe ich mich auch ein, ich erwarte aber auch, dass Krankenkassen und Apotheker hier ihrer Verantwortung gerecht werden. Der Staat muss nicht andauernd alles bis in kleinste Detail regeln.
ADHOC: Und wenn Sie den Abschlag für 2013 festlegen müssten?
BAHR: Würden Sie vor den Verhandlungen schon das Ergebnis vorweg nehmen?