Niedrigste Impfzahlen seit März

Keine Herdenimmunität: Zahl der Corona-Impfungen bricht ein

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Berlin -

49,7 Prozent der erwachsenen Menschen in Deutschland sind laut Zahlen des Robert Koch-Instituts (RKI) vollständig gegen Corona geimpft. Damit hat Deutschland am Dienstag die USA eingeholt, die ebenfalls bei genau 49,7 Prozent liegen. Wie in den Staaten wird Impfmüdigkeit aber offensichtlich auch hierzulande ein wachsendes Problem: Aktuellen Zahlen zufolge ist die Zahl der Erstimpfungen in den vergangenen beiden Wochen dramatisch eingebrochen. Die Frage steht im Raum, ob das Ziel Herdenimmunität bis zum Herbst erreichbar ist.

Die grafische Darstellung der US-Impfkampagne verläuft relativ gleichmäßig: Von Januar bis April ging die Zahl der verabreichten Impfungen kontinuierlich nach oben, die Vereinigten Staaten impften wie die Weltmeister. Von der Apotheke bis zum Football-Stadion wurde nahezu überall schnell und unkompliziert immunnisiert. Resultat: Von Anfang bis Mitte April lag die Zahl der durchschnittlich verabreichten Impfungen pro Tag im Wochendurchschnitt bei rund 3 Millionen. Danach fiel die Kurve kontinuierlich, und stagniert seit Anfang Juli zwischen 500.000 und 600.000 Impfungen am Tag – ein Sechstel des Aprilwertes. Dabei wären noch gut 100 Millionen Menschen zu impfen.

Mittlerweile ist es jedoch vielerorts so, dass es weit mehr als genügend Impfstoff und Impfgelegenheiten gibt – der Engpass nun aber die Impfwilligen sind. Deutschland scheint nun an einen ähnlichen Punkt zu kommen: Knapp die Hälfte der Menschen hierzulande ist bereits vollständig gegen Covid-19 immunisiert, 61 Prozent der Erwachsenen sind laut Robert-Koch-Institut mindestens einmal gegen Covid-19 geimpft. Doch die Zahlen zeigen: Die Tendenz zeigt steil nach unten.

Nach einem engpassbedingten langsamen Start bis Anfang April zündete mit der Einbeziehung der Arztpraxen der Impfturbo: Wurden in der Woche vom 29. März bis 4. April noch maximal 336.000 Impfdosen am Tag verabreicht, waren es in der Woche darauf mit fast 700.000 beinahe doppelt so viel. In der Spitze wurden bis Mai bis zu 1,4 Millionen Impfungen pro Tag verabreicht. Zum Vergleich: Der US-Rekord liegt zwar dreimal so hoch, die USA haben aber auch viermal so viele Einwohner wie Deutschland. Entgegen der landläufigen Wahrnehmung muss sich die deutsche also nicht vor der US-Impfkampagne verstecken.

Doch spätestens seit Anfang Juli geht es bergab, zuletzt sogar steil. Wurden in der Woche vom 21. bis zum 27. Juni in der Spitze noch knapp 1,33 Millionen Impfungen am Tag verabreicht, fiel die Zahl in der Folgewoche bereits auf knapp eine Million, verharrte die kommenden beiden Wochen knapp darunter. Seit vergangener Woche sind die Zahlen nun noch weiter im Sinkflug: Nur 313.000 wurden am Montag verabreicht – der niedrigste Wert für einen Montag seit März und der niedrigste, seit die Arztpraxen impfen. Gleichzeitig zeigt die Kurve des verfügbaren Impfstoffs weiter kontinuierlich nach oben, die Folge: Der Anteil des verfüg- aber nicht verimpfbaren Impfstoffs nimmt immer mehr zu. In der vergangenen Woche wurden nur noch 84,4 Prozent der gelieferten Impfdosen auch genutzt.

Für das RKI scheint die Entwicklung nicht überraschen zu kommen: Vergangene Woche veröffentlichte es einen zehnseitigen Leitfaden mit Anregungen für Maßnahmen im kommenden Herbst und Winter. Denn eine Herdenimmunität bis dahin sei trotz der Impfkampagne unwahrscheinlich. Das Land werde sich auf eine vierte Welle einstellen müssen, die Oktober beginnt und ihren Peak um die Jahreswende hat – wie bereits die zweite Welle ab vergangenem Herbst. „Ziel der Impfungen ist daher, in der Bevölkerung eine breite Grundimmunität zu erreichen, die einen weitgehenden individuellen Schutz vor (schweren) Erkrankungen vermittelt und zudem durch Verminderung von Transmissionen die Viruszirkulation in der Bevölkerung reduziert“, so das RKI.

Auch die derzeitige Feriensaison dürfte natürlich Auswirkungen auf die abnehmende Impfgeschwindigkeit haben. Dass die Nachfrage sowohl in den Impfzentren als auch in den Arztpraxen und bei den Betriebsärzten sinkt, war allerdings auch schon zuvor den Gesundheitsministern und -senatoren der Länder aufgefallen. „Da die Verfügbarkeit an Impfstoffen die Nachfrage schon bald deutlich übersteigen wird, werden im Laufe des August die verfügbaren Impfstoffmengen nicht mehr vollumfänglich an die Länder, Arztpraxen und Betriebsärzte ausgeliefert werden müssen“, heißt es dazu im Beschlusspapier der Gesundheitsministerkonferenz vom Montag vergangener Woche. Ihre Schlussfolgerung daraus: „Bund und Länder werden ihre Bemühungen noch einmal verstärken, um gezielt diejenigen Menschen mit einem Impfangebot zu erreichen, die sich bisher nicht für eine Impfung entschieden haben.“ Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) werde deshalb die Informationskampagne „Deutschland krempelt die Ärmel hoch“ weiterentwickeln, „um gezielt Bevölkerungsgruppen anzusprechen, die bisher noch kein Impfangebot in Anspruch genommen haben, sowie um die Bedeutung von Zweitimpfungen hervorzuheben“ und parallel dafür sorgen, dass Sonder-Impfaktionen künftig leichter und niedrigschwelliger angeboten werden können.

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