Bundessozialgericht

Keine Gleitklausel für AOK-Chef Hermann

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Berlin -

Jetzt ist der jahrelange Streit um die automatische Anhebung der Vorstandsbezüge der Manager der AOK Baden-Württemberg beendet. Das Bundessozialgericht (BSG) wies die Revision zurück und zog einen Schlussstrich. Damit wurde das seit 2015 andauernde Verfahren kurz vor dem Ausscheiden von Vorstandschef Dr. Christopher Hermann zum Jahresende abgeschlossen.

Mit 260.000 Euro zählt Hermann zu den Topverdienern unter den Kassenchefs. Trotzdem sollten in Stuttgart die Vorstandsgehälter mit einer Gleitklausel regelmäßig weiter erhöht werden. Das hatte die Aufsichtsbehörde gestoppt. Dagegen hatte die Kasse geklagt. Seit 2015 stritten daher der Verwaltungsrat der AOK und das Wirtschaftsministerium als Aufsichtsbehörde über Hermanns Gehalt und das seines Stellvertreters Siegmar Nesch. Es ging nicht um die Höhe der Einkommen, sondern um die Absicht des Verwaltungsrates, die Bezüge regelmäßig anzupassen. Das Wirtschaftsministerium lehnte die Gleitklausel ab. Zuletzt landete der Streit vor dem Landessozialgericht. Dieses verurteilte die Aufsichtsbehörde im September 2018, den Antrag auf regelmäßige Gehaltserhöhung neu zu entscheiden. Weil die Haltung des Wirtschaftsministeriums bekannt war, legte die AOK direkt Revision beim BSG ein. Jetzt wurde das Urteil veröffentlicht.

Aus Sicht des Stuttgarter Wirtschaftsministeriums waren automatischen Gehaltserhöhungen mit dem Gesetz nicht vereinbar: „Eine solche Vereinbarkeit ist unserer Ansicht nach nicht gegeben.“ Als Aufsichtsbehörde sei man der Auffassung, „dass bei derart herausgehobenen Positionen, die außertariflich bezahlt werden, im Rahmen der Selbstverwaltung jeweils mit Blick auf die Entwicklung der Krankenkasse geprüft werden muss, ob und inwieweit eine Anpassung der Vorstandsbezüge als geboten und angemessen erscheint, um dem Wirtschaftlichkeitsgebot zu entsprechen.“ Es solle dabei keine „vollständige Abkoppelung von der allgemeinen Einkommensentwicklung“ erfolgen. Das Ministerium war in Sorge, dass die vorgesehenen Steigerung zu großzügig ausfallen würden: „Bezügeanpassungen auf Jahre hinaus, die unabhängig von der Entwicklung der einzelnen Krankenkasse sind, stehen dem entgegen.“

Solche Gleitklauseln seien vor dem Hintergrund des Wirtschaftlichkeitsgebots als wesentliche Vertragsänderungen zu sehen. Nach dem Sozialgesetzbuch (SGB V) müsse die Aufsichtsbehörde einer Änderung eines Vorstandsdienstvertrages zustimmen, damit diese Änderung wirksam werde. Dies sei bei automatischen Bezügeanpassungen nicht der Fall, begründete das Wirtschaftsministerium seine Ablehnung.

Auf der anderen Seite sei auch eine vorherige Beurteilung, ob diese Bezügeanpassungen auf die Zukunft bezogen angemessen sind, nicht möglich. In solchen Fällen könne kein Vergleich mit anderen, größenordnungsmäßig ähnlichen Krankenkassen vorgenommen werden. Deshalb verhinderten automatische Bezügeanpassungsklauseln einen Vergleich der Marktüblichkeit der Vergütung. Automatische Bezügeanpassungsklauseln, die betragsmäßig nicht feststünden, verstießen außerdem gegen den Grundsatz der Transparenz. Denn zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses sei nicht vorhersehbar, wie sich die festen Jahresbezüge in der Zukunft entwickeln würden.

Im Jahr 2015 endete der Streit über die Vorstandsgehälter zunächst mit einem Kompromiss. Statt einer Staffelung wurde eine erhöhte Grundvergütung ohne gestaffelte Bezüge vereinbart. Das gerichtliche Eilverfahren wurde daraufhin für erledigt erklärt. Im April 2017 startete der AOK-Verwaltungsrat einen neuen Anlauf. Jedes Jahr sollten Hermanns Bezüge um 5000 Euro steigen. Erneut lehnte das Wirtschaftsministerium eine automatische Anpassung ab.

Es sei nicht nachvollziehbar, dass der Verwaltungsrat Regelungen zur automatischen Bezugsanpassung erneut festschreiben wolle, nachdem bei der Gestaltung der Hauptverträge im Jahr 2015 bereits im Eilverfahren grundsätzliche Bedenken gegen eine solche Regelung geäußert worden seien, hieß es im LSG-Urteil dazu. Die seinerzeit zuständige Aufsichtsbehörde habe im Rahmen dieses Verfahrens Zugeständnisse hinsichtlich einzelner Vertragsgestaltungen gemacht, davon ausgehend, dass hinsichtlich des Verzichts auf automatische Bezugsanpassungsklauseln dauernder Rechtsfrieden eingetreten sei. Damit landete das Verfahren vor dem BSG.

Das BSG entschied: „Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 5. September 2018 wird zurückgewiesen.“ Die zulässige Revision sei unbegründet. Wie schon in den letzten Jahren ist TK-Chef Jens Baas der Top-Verdiener unter den Kassenchefs. Sein Jahressalär stieg 2018 um knapp 10.000 Euro auf 333.716 Euro. Christoph Straub, Chef der zweitgrößten Kasse Barmer, verdiente im vergangenen Jahr 8665 Euro mehr als 2017 und somit 297.512 Euro. Deutlich höher fiel der Zuwachs für den Vorstandschef der DAK-Gesundheit aus. Das Gehalt von Andreas Storm wuchs um 14.500 Euro auf 284.000 Euro. Die Gehälter der AOK-Chefs liegen auf Augenhöhe mit Storm: Bei der AOK Bayern gab es zum 1. April einen Führungswechsel. Insgesamt zahlte die Kasse für ihre beiden Vorstandschefs im Jahr 2018 mit 267.916 Euro etwas weniger als im Jahr zuvor.

Die Kassenchefs gehören zu den Top-Verdienern im Gesundheitswesen. Jedes Jahr steigen die Vorstandsgehälter um vierstellige Summen. Die beiden größten Kassen, TK und Barmer, greifen für ihre Chefs am tiefsten in die Tasche.

Übertroffen werden die beiden nur noch von KBV-Chef Dr. Andreas Gassen. Wie jedes Jahr haben die Kassen Anfang März ihre Pflichtangaben im Bundesanzeiger veröffentlicht.

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