Ärztenzentren

Kein MVZ-MVZ für Apotheker APOTHEKE ADHOC, 20.03.2014 14:10 Uhr

Kein Umweg zum Arzt: MVZ dürfen laut LSG Hessen keine MVZ gründen, weil dann auch die Gründungsvorschriften umgangen werden könnten. Foto: Elke Hinkelbein
Berlin - 

Angestellt statt selbstständig: Nach dem Vorbild der DDR-Polikliniken führte Ulla Schmidt (SPD) als Gesundheitsministerin 2004 die Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) als Alternative zur Arztpraxis ein. Um die Patienten vor Spekulanten zu schützen, schränkte die schwarz-gelbe Bundesregierung 2012 den Kreis der potenziellen MVZ-Betreiber ein. Apotheker dürfen seitdem keine Gründungsgesellschafter mehr sein – auch nicht über Umwege, wie aus einem Urteil des Sozialgerichts Marburg hervorgeht.

Im Oktober 2010 gründete Hermann Rohlfs, Inhaber der Rats-Apotheke Uslar, in Nordhausen das Tumorzentrum Nordthüringen. Knapp zwei Jahre später beantragte die Betreibergesellschaft die Gründung eines weiteren MVZ in Hessen. Doch der Zulassungsausschuss der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) lehnte ab: Der Antragsteller gehöre nicht mehr zum zulässigen Gründerkreis.

Laut Sozialgesetzbuch (SGB V) können MVZ seit 2012 nur noch von zugelassenen Ärzten, Krankenhäusern, Erbringern nichtärztlicher Dialyseleistungen oder von gemeinnützigen Trägern, die aufgrund von Zulassung oder Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, gegründet werden. Als Rechtsform kommen Personengesellschaften, Genossenschaften oder GmbH in Betracht. Für bestehende MVZ wurde ein Bestandsschutz eingeführt.

Vor Gericht ging es um die Frage, ob MVZ in dem entsprechenden Paragraphen nur vergessen oder bewusst nicht aufgenommen wurden. Denn an anderer Stelle gelten im SGB Vorschriften, die sich an Ärzte richten, gleichermaßen für Zahnärzte, Psychotherapeuten und MVZ, so das Argument der Kläger. Außerdem sei eine Priorisierung von Kapitalinteressen angesichts des bestehenden fachlichen Bezugs bei MVZ-Betreibern nicht zu befürchten – jedenfalls nicht mehr als bei Kliniken, hinter denen ja oft Investoren stünden.

Zwar äußerten auch die Richter Zweifel an der Wirksamkeit der Vorschrift, zumal „die hinter vielen Häusern stehenden Krankenhausketten ebenso wie die wirtschaftlichen Unternehmungen im Hilfsmittel- und Heilmittelerbringerbereich nunmehr Zugang zur ambulanten Versorgung erreichen konnten“.

Doch am Ende orientierte sich das Sozialgericht am Gesetzestext: „Eine Absicht des Gesetzgebers, auch MVZ in den Gründerkreis einzubeziehen, ist nicht ersichtlich“, heißt es in der Urteilsbegründung. „Ein solches Bedürfnis ist auch nicht erkennbar, da der weiterhin gründungsfähige Gesellschafter einer MVZ-Trägergesellschaft ein weiteres MVZ gründen kann.“

Im Gegenteil: Könnten MVZ durch andere MVZ gegründet werden, laufe die Beschränkung auf Ärzte, Kliniken & Co. quasi ins Leere. Altgesellschafter, die vom Bestandsschutz profitierten, könnten so weitere MVZ gründen – „was aus Sicht des Gesetzgebers gerade nicht mehr der Fall sein sollte“.

Der Fall wird nun wahrscheinlich vor dem Landessozialgericht (LSG) verhandelt, denn die MVZ-Betreibergesellschaft hat Widerspruch gegen das Urteil eingelegt. Laut Rohlffs wird derzeit in dieser Sache ohnehin von Land zu Land unterschiedlich entschieden: In Bayern und Baden-Württemberg etwa könnten MVZ durch MVZ gegründet werden.

Ansonsten dürften sich vergleichsweise wenige Apotheker für das Urteil interessieren: Laut offizieller Statistik sind nur bei gut einem Dutzend der insgesamt 1800 MVZ Apotheker beteiligt. Knapp die Hälfte wird von Vertragsärzten betrieben, 38 Prozent von Kliniken.

Bereits im Koalitionsvertrag von 2009 hatten Union und FDP ein Fremdbesitzverbot für MVZ angekündigt, dass am Ende im Interesse der Kliniken relativiert wurde. Auf eine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hatte die Regierung eingeräumt, dass sich Beschränkungen der ärztlichen Unabhängigkeit „kaum datenmäßig erfassen“ ließen. Die Gesetzesänderung soll daher „bereits im Vorfeld“ Beschränkungen der ärztlichen Unabhängigkeit verhindern.