Lunapharm

Kein Korruptionsverdacht gegen Referatsleiter

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Berlin -

Im Brandenburger Medikamentenskandal um den Pharmahändler Lunapharm wird es keine Ermittlungen gegen Mitarbeiter des Landesamts für Gesundheit (LAVG) und gegen den zuständigen Referatsleiter im Potsdamer Gesundheitsministerium wegen Korruptionsverdacht geben. Gesundheitsministerin Diana Golze (Die Linke) zeigte sich erleichtert. Jetzt stellt sich aber umso mehr die Frage nach der Verantwortlichkeit für die Pannen. Die Opposition will Golze erneut vor den Gesundheitsausschuss zitieren.

Es habe sich auch nach Prüfung zahlreicher Unterlagen kein Anfangsverdacht wegen Bestechlichkeit gegen die beiden zuvor angezeigten Mitarbeiter ergeben, teilte die zuständige Staatsanwaltschaft Neuruppin jetzt mit. Aus den Unterlagen gehe vielmehr hervor, dass die Mitarbeiter sich um die Aufklärung von Herkunft und Vertriebswegen der aus Griechenland stammenden Medikamente bemüht hätten, so die Staatsanwaltschaft. Zudem gebe es keinerlei „Hinweise auf das Anbieten, Versprechen oder Gewähren von Vorteilen in diesem Zusammenhang“.

Ob die beiden Mitarbeiter des Landesamts für Gesundheit (LAVG) ihre dienstlichen Aufgaben sinnvoll und korrekt erfüllt haben und auch ihren Informationspflichten nachgekommen sind, sei von der Staatsanwaltschaft nicht geprüft worden, weil dies nicht ihre Aufgabe sei.

Das Gesundheitsministerium und das LAVG hatten selbst die Staatsanwaltschaft eingeschaltet, weil zwei Mitarbeiter der Aufsicht nicht ausreichend gegen das Unternehmen Lunapharm vorgegangen seien. Die Ministerin reagierte erleichtert auf die Mitteilung der Staatsanwaltschaft. „Wir begrüßen, dass die Staatsanwaltschaft keinen Anfangsverdacht für Korruption bei Mitarbeitern des Landesamtes für Arbeitsschutz, Verbraucherschutz und Gesundheit feststellen konnte.“

Gesundheitsministerin Golze sagte dazu: „Mir fällt ein großer Stein vom Herzen, denn damit ist klar, dass die Fehler, die passiert sind, nicht auf kriminelle Energie von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Landesamtes zurückzuführen sind. Nun ist es unsere Aufgabe in einem nächsten Schritt zu klären, warum es dennoch dazu kommen konnte, dass die Aufsicht nicht rechtzeitig einschritt. Die Erkenntnisse und Vorschläge der Task Force werden uns dabei helfen, Maßnahmen zu ergreifen, die geeignet sind sicherzustellen, dass nur wirksame und legale Medikamente in Brandenburg in Umlauf kommen und die Sicherheit der Patientinnen und Patienten gewährleistet ist.“

Die Ermittlungen gegen Lunapharm laufen indes weiter. Dem Pharmahändler wird vorgeworfen, in Griechenland gestohlene und womöglich unsachgemäß gelagerte Krebsmedikamente an Apotheken in mehrere Bundesländer geliefert zu haben. Erste Hinweise darauf gelangten bereits Ende 2016 an die brandenburgische Arzneimittelaufsicht. Trotzdem wurde der Firma erst vor zwei Wochen die komplette Betriebserlaubnis entzogen. Der Skandal wurde Mitte Juli durch einen Bericht des ARD-Magazins „Kontraste“ öffentlich.

In der Sondersitzung des Gesundheitsausschusses hatten Golze und LAVG-Chef Detlev Mohr noch kriminelle Machenschaften ihrer Mitarbeiter nicht ausgeschlossen. Mit der Entlastung durch die Staatsanwaltschaft muss sich Golze in der Lunapharm-Affäre ein weiteres Mal korrigieren. „Am 7. März 2017 hätte ein Rückruf der Arzneimittel erfolgen müssen“, sagte Golze noch in der Sondersitzung des Gesundheitsausschusses des Landtages Brandenburg. Sie bedauere „zutiefst“, dass die zuständigen Abteilungen nicht früher reagiert hätten. Es sei nicht auszuschließen, dass dahinter auch „kriminelle Energie“ stecke. Außerdem sei sowohl im Ministerium als auch im LAVG gegen „täglich praktizierte Regeln“ verstoßen worden. Sie habe sich zu lange auf die Informationen aus ihrem Hause verlassen, räumte Golze ein.

Als Schlüsselfigur der Versäumnisse galt bisher Referatsleiter Volker G. Dieser war 2017 vom LASG in das Gesundheitsministerium gewechselt. Am 7. März hatte G. eine Anfrage griechischer Behörden auf Amtshilfe erhalten. Diese Anfrage wurde weder an die Leitung des LAVG weitergeleitet noch an das Ministerium. „Die Kommunikation ging völlig an mir vorbei“, sagte LAVG-Präsident Detlev Mohr vor dem Gesundheitsausschuss. Er sei von seinen Mitarbeitern falsch oder gar nicht informiert worden. Daher habe er Anzeige gegen den früheren Dezernatsleiter Volker G. gestellt, um prüfen zu lassen, „ob es Vorsatz gab“. Nur so seien die Vorgänge zu erklären, betonte Mohr.

Eine zweite Anzeige gegen eine LAVG-Mitarbeiterin erfolgte am 20. Juli nach einer Inspektion bei Lunapharm. Dabei war aufgefallen, dass Lunapharm kurz zuvor Arzneimittel aus dem Lager geschafft hatte. Der Transport wurde von der Polizei gestoppt. Laut Golze nannte Lunapharm zunächst eine falsche Lieferadresse. Später wurde der fragliche Transporter dann in Hof auf dem Weg nach Bayern von der Polizei gestoppt. Daraufhin erfolgte eine zweite Strafanzeige gegen eine LAVG-Mitarbeiterin. Offenbar bestand der Verdacht, dass Lunapharm aus dem LAVG über die anstehende Inspektion informiert wurde.

Womöglich muss sich Golze jetzt erneut vor dem Gesundheitsausschuss verantworten. Nach der AfD haben auch CDU und Grüne eine erneute Sondersitzung des Gesundheitsausschusses im Landtag zum illegalen Medikamentenhandel gefordert. „Der Versuch, zwei Sündenböcke für das Versagen der Arzneimittelaufsicht zu präsentieren, ist kläglich gescheitert“, sagte der CDU-Abgeordnete Raik Nowka. Nowka kündigte an, gemeinsam mit den Grünen eine erneute Sondersitzung zu beantragen. „Wir geben der Ministerin eine Woche Zeit, die Umstände umfänglich aufzuklären und erwarten dann einen ehrlichen Bericht im Gesundheitsausschuss.“ Danach werde man beurteilen, ob Golze noch in der Lage sei, eine Wiederholung des Skandals zu verhindern. Die AfD hatte bereits ihre Entlassung gefordert.

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