KBV: Kassen kündigen Regress-Vereinbarung APOTHEKE ADHOC, 26.03.2021 11:09 Uhr
Die Kliniken bekommen Geld für leere Betten, die Zahnärzt:innen einen Hygienezuschuss und eine Pandemieprämie. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) macht nun ebenfalls ihre Honorarforderungen geltend – und attackiert die Kassen dafür, dass sie mitten in der Pandemie die Rahmenvorgaben zu Regressen gekündigt hätten.
Er vermisse seitens der Politik die Anerkennung der Leistung der Praxen in der Pandemie, so der KBV-Vorsitzende Dr. Andreas Gassen: „Seit Monaten werden der Öffentliche Gesundheitsdienst, Krankenhäuser und Pflege hofiert und mit Zuwendungen bedacht.“ Das sei in den meisten Fällen auch völlig berechtigt. „Die Praxen scheinen jedoch zu einer Randerscheinung der Versorgung degradiert zu werden“, so Gassen bei der digitalen KBV-Vertreterversammlung.
Fast auf den Tag genau ein Jahr sei es her, dass Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) betont habe, dass die Niedergelassenen den „ersten Schutzwall“ im Kampf gegen das Virus bildeten. „Seither werden sie kaum noch von der großen Politik erwähnt“, monierte Gassen. „Und das angesichts der Tatsache, dass seit Beginn der Pandemie bis heute die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte den Löwenanteil der Covid-19-Patienten versorgt haben und immer noch versorgen.“
Gassen kritisierte, wie im Erweiterten Bewertungsausschuss (EBA) über die Finanzierung der stark gestiegenen Hygienekosten in den Praxen gekämpft werden muss. Auf Basis einer Erhebung des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi) zu Hygienekosten in Vertragsarztpraxen habe man 368 Millionen Euro gefordert. Von den Unparteiischen seien aber nur 90 Millionen Euro geboten worden.
„Doch damit nicht genug. Gekoppelt wurde dieses Angebot mit einer Absage für alle weiteren Finanzierungsschritte für Digitalisierungsmaßnahmen“, so Gassen weiter. Die Begründung hierfür laute, die Mehrkosten ließen sich im Gegenzug durch Einsparungen und geringere Bürokratiekosten ausgleichen. Gassen: „In einer Pandemie Kosten für Hygienemaßnahmen nicht gegenfinanzieren zu wollen, ist ja schon ein Affront an sich.“ Dann aber auch noch zu behaupten, die Ärzte würden beim derzeitigen Stand der Dinge durch die Digitalisierung sparen, sei an Zynismus kaum noch zu überbieten. „Wir werden diesen ,Nichtbeschlussʻ des EBA nicht einfach hinnehmen. Das Maß an Missachtung der Niedergelassenen ist voll!“
Parallel ärgert man sich bei der KBV über die Krankenkassen, die „Knall auf Fall“ die Rahmenvorgaben zur Wirtschaftlichkeitsprüfung gekippt hätten: „Mitten in dieser Zeit, in der wir eine Pandemie bekämpfen, kündigt der GKV-Spitzenverband die Rahmenvorgaben Wirtschaftlichkeitsprüfung. In der Fußballersprache nennt man das eine Blutgrätsche“, kommentierte KBV-Vize Dr. Stephan Hofmeister. „Instinktlos und unverschämt“ sei das Verhalten der Krankenkassen.
Vor gut einem Jahr habe man sich mit den Kassen darauf verständigt, das Regressrisiko für die niedergelassenen Ärzt:innen deutlich zu verringern und ihnen Erleichterungen bei Wirtschaftlichkeitsprüfungen zu verschaffen. Diese Unterstützung habe der GKV-Spitzenverband nun einseitig aufgekündigt, nachdem regional schon einige Krankenkassenverbände die diesbezüglichen Verhandlungen mit den Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) blockiert hatten.
„Anstatt zu helfen, fällt er uns in den Rücken. Dieses Verhalten deckt sich leider mit dem jüngsten Auftreten des GKV-Spitzenverbands im Bewertungsausschuss“, ergänzte Gassen.
Die Aktualisierung der Rahmenvorgaben war insbesondere aufgrund des 2019 in Kraft getretenen Terminservice- und Versorgungsgesetzes (TSVG) notwendig geworden. Denn das Gesetz sieht unter anderem vor, dass bei Regressen für verordnete Leistungen nicht mehr die gesamten Kosten der als unwirtschaftlich erachteten Leistung erstattet werden müssen, sondern nur noch der Differenzbetrag zwischen unwirtschaftlicher und wirtschaftlicher Leistung.