KBV: Ausnahme muss Ausnahme bleiben Hanna Meiertöns, 14.03.2023 14:15 Uhr
Entgegen der Befürchtung, dass die Sonderregelungen der Sars-Cov-2-Arzneimittelversorgungsverordnung zum April einfach auslaufen, will die Ampelkoalition diese nun doch bis Ende Juli verlängern. Dr. Stephan Hofmeister, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), ist dagegen, laut ihm muss „die Ausnahme eine Ausnahme bleiben“.
Für die Apotheken sind die gelockerten Abgaberegelungen essenziell, um die Versorgungssicherheit der Patient:innen in Zeiten von enormen Lieferengpässen gewährleisten zu können – das zeigte auch die jüngste aposcope-Befragung.
Die Abda warnte vor einem Versorgungschaos nach Ostern sollten die Lockerungen entfallen, Hofmeister sieht das allerdings anders: „Der erweiterte Austausch von Arzneimitteln stellt eine Corona‐Sonderregelung dar und läuft folgerichtig zum 7. April aus – wie das dann auch bei den letzten noch verbliebenen pandemiebedingten Regelungen der Fall sein wird“, sagt der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der KBV. „Die Ausnahme muss eine Ausnahme bleiben und darf nicht zum Regelfall werden“, so Hofmeister weiter.
Praxen immer über Austausch informieren
„Wenn Patienten ein anderes Arzneimittel bekommen, als der Arzt oder die Ärztin verordnet hat, kann es schnell zu Fehlern beispielsweise bei der Einnahme kommen, und es birgt ein hohes Risiko einer Verschlechterung der Compliance“, warnt er. Um die Arzneimitteltherapiesicherheit nicht zu gefährden, müsse die Apotheke die Arztpraxis in jedem Fall auch über den Austausch informieren, so Hofmeister. Laut dem Vorsitzenden sollte der Arzt oder die Ärztin unbedingt wissen, wenn es bei Patient:innen zu Dosisanpassungen kommt, weil das Medikament in der verordneten Dosis in der Apotheke nicht vorrätig war.
Für die geplante Verlängerung zeigt er kein Verständnis: „Für eine befristete Zeit war die Sonderregelung eines erweiterten Austauschs tolerabel und sicherlich auch hilfreich“, sagte Hofmeister, allerdings nur, um während der Pandemie Kontakte zu vermeiden und die Praxen zu entlasten. „Diese Situation haben wir heute nicht mehr, weshalb auch diese Sonderregelung nun beendet werden kann“, so Hofmeister weiter.
Allianz für Erleichterungen
In Thüringen fordern dagegen Apotheker- und Ärzteverbände gemeinsam die Beibehaltung möglichst unkomplizierter Regeln. Ohne diese hätte die Krise in diesem Winter durch Ärzte, Zahnärzte und Apotheker nicht gestemmt werden können. Zwar greife der Entwurf einige Austauschmöglichkeiten auf, binde diese jedoch an ein „kompliziertes und aufwendiges Abgabeverfahren, das im Alltag kaum umzusetzen ist“. Folglich verfehle das Gesetz nicht nur sein in der Bezeichnung geführtes Ziel, die Versorgung zu verbessern, sondern trage im Gegenteil möglicherweise sogar zu einer Verschlechterung der Versorgungslage bei.
„Um auch zukünftig eine agile, wirkungsstarke und vollumfängliche Arzneimittelversorgung der Patienten zu ermöglichen“, werden Landtagsabgeordnete und Landesregierung aufgefordert sich dafür einzusetzen, dass im Gesetzgebungsverfahren:
- die eingeführten Sonderregeln für die Abgabe von Arzneimitteln in sinnvoller Weise verstetigt werden (§ 1 Absatz 3 SARS-CoV-2-AMVersVO) und
- eine verkürzte Genehmigungsfrist der Krankenkassen für Einzelimporte von Arzneimitteln aus dem Ausland bei Lieferengpässen (§ 73 Absatz 3 AMG) ohne Gefährdung der Leistungserbringer durch Retaxationen und Prüfverfahren aufgenommen wird.