KBV: Zwangsverwaltung abgewendet dpa, 23.05.2016 21:12 Uhr
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung krankt an internen Problemen. Umstrittene Pensionszahlungen und eine Immobilienaffäre belasten die Vertretung von 165.000 Ärzten. Auf Druck des Gesundheitsministeriums soll nun alles geklärt werden.
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hat die drohende Zwangsverwaltung voraussichtlich abgewendet. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hatte die Vertretung der 165.000 Kassenärzte ultimativ aufgefordert, rechtswidrige Pensionszahlungen und Immobiliengeschäfte rückgängig zu machen. Das in Hamburg tagende Parlament der Vereinigung, die Vertreterversammlung, fasste nun die dafür notwendigen Beschlüsse.
„Sie sind so, wie wir sie (zusammen mit dem Ministerium) entwickelt haben, auch abgestimmt worden, und zwar mit einer großen Mehrheit“, sagte der Vorsitzende der Vertreterversammlung, Hans-Jochen Weidhaas, nach einer internen Sitzung der 60 KBV-Delegierten. Er sprach von einem „klaren Signal“.
Die Vertreterversammlung hat damit den Weg freigemacht, hohe Pensionszahlungen vom ehemaligen Vorstand Andreas Köhler zurückzufordern. Zudem ging es um Ruhestandszahlungen an weitere frühere Beschäftigte. Das Ministerium von Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) beanstandete auch die Finanzierung von KBV-Immobilien in Berlin, die ebenfalls rechtswidrig sein soll. Auch dazu hätten die Delegierten den geforderten Beschluss gefasst, sagte Weidhaas.
Für den internen Konflikt in der Führung der KBV zeichnet sich – anders als vom Ministerium gefordert – offenbar keine schnelle Lösung ab. Vorstand Andreas Gassen erklärte, er könne nicht erkennen, dass die Vereinigung nicht arbeitsfähig sei. Die Außendarstellung könne allerdings kritisch hinterfragt werden.
Als zweites Vorstandsmitglied kritisierte Regina Feldmann die Stimmengewichtung in der Führung, wonach Gassen zwei und sie nur eine Stimme hat: „Braucht es dann überhaupt zwei Vorstände, wenn einer sozusagen der Frühstücksdirektor ist und eigentlich gar nichts zu sagen hat?“ Diese Frage müsse von Juristen geklärt werden. Weidhaas kündigte an, dass bis Dezember eine neue Satzung ausgearbeitet werden solle.
Die Vertreterversammlung verabschiedete ferner ein Positionspapier zur Zukunft der medizinischen Versorgung in Deutschland. Demnach sollten Krankenhäuser und ambulante Praxen enger zusammenarbeiten, besonders beim Not- und Bereitschaftsdienst. Echte Notfälle gehörten ins Krankenhaus, die anderen in den vertragsärztlichen Bereich.
Indirekt sprach sich die KBV für eine Schließung von Kliniken aus. „Es ist kein Geheimnis, dass wir uns in Deutschland den Luxus einer extrem hohen Krankenhausdichte leisten“, sagte Gassen. Allein in Nordrhein-Westfalen gebe es 350 Krankenhäuser, Holland habe bei einer vergleichbaren Bevölkerung nur 100. Es zeichne sich ab, dass nicht alle 2000 Krankenhäuser in Deutschland zu halten seien.
Die Rolle des Hausarztes will die KBV stärken. „Wir stellen uns vor, dass sich ein großer Teil der Patienten über den Hausarzt steuern lässt“, erläuterte Gassen: „Besonders für ältere Patienten dürfte der Hausarzt der beste Lotse im Gesundheitssystem sein.“ Aber es gebe auch Patienten vor allem mit einer Grundkrankheit, die lieber ihren Facharzt als ersten Ansprechpartner hätten.
Am Dienstag eröffnet Bundesminister Gröhe den 119. Ärztetag in Hamburg, zu dem rund 1000 Teilnehmer erwartet werden. Ausgerichtet wird die Tagung von der Bundesärztekammer. Zu den Themen zählen die medizinische Versorgung von Flüchtlingen, die Arzneimittelpreisbildung und die Reform der Gebührenordnung der Ärzte.