Kassenärzte: Schwächere Selbstverwaltung schadet Patienten dpa, 03.02.2017 10:12 Uhr
Will die Politik weg von der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen hin zu mehr Staat? Es gibt solche Befürchtungen. Das wäre nicht unbedingt zum Vorteil der Patienten, sagen die Kassenärzte.
Die Kassenärzte haben die Politik vor einer weiteren Schwächung der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen gewarnt. Man sei sich mit anderen Betroffenen einig, „dass es derzeit eine Stimmung gegen die Selbstverwaltung gibt“, sagte der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Dr. Andreas Gassen. Die Selbstverwaltung wird getragen von der Ärzteschaft und den Gesetzlichen Krankenkassen und hat als höchstes Entscheidungsgremium den Gemeinsamen Bundesausschuss. Offensichtlich sei ihre Schwächung, die ironischerweise Selbstverwaltungsstärkungsgesetz genannt werde, „noch gar nicht abgeschlossen“.
„Das wäre wirklich ein Systembruch hin zu einem staatlich verwalteten Gesundheitssystem und würde mit einer Verschlechterung der Patientenversorgung einhergehen“, warnte Gassen. International gebe es nämlich derzeit wohl kein vergleichbares System wie das in Deutschland – „und wenn, dann sind diese sehr viel teurer“.
Nach Unregelmäßigkeiten und jahrelangen internen Querelen, die letztlich Anlass für das Gesetz von Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) boten, will sich die KBV-Spitze Anfang März inhaltlich und personell neu aufstellen. Gassen will als Vorstandsvorsitzender erneut kandidieren. Er wäre dann weiterhin für die fachärztlichen Belange in der KBV zuständig. Zur Kandidatur als zweiter Vorstand hat sich der Hamburger Allgemeinmediziner und Hausarzt Stephan Hofmeister bereiterklärt. Der 51-Jährige wäre dann für die hausärztlichen Belange in der KBV-Spitze zuständig.
Hofmeister ist nach den Worten Gassens sehr teamfähig und unterstützt die angestrebten Reformen uneingeschränkt. „Die Teamarbeit ist mir hier sehr wichtig“, unterstrich Gassen. Derzeit werde noch ein Kandidat für einen dritten Vorstandsposten gesucht, sagte Gassen.
Mit Blick auf die Unregelmäßigkeiten hatte Gassen wiederholt darauf hingewiesen, dass die juristisch relevanten Vorgänge aufgearbeitet worden seien. In einigen Fällen stünden noch rechtliche Klärungen aus. Er zeigte sich nun überzeugt, dass mit einer neuen, teamfähigen KBV-Spitze wieder Ruhe in der Ärzteorganisation einkehre, um dann die einzelnen Reformschritte konzentriert angehen zu können.
Die KBV regelt die Belange von Deutschlands Kassenärzten am Regierungssitz und ist für Honorarverhandlungen mit dem Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) verantwortlich.