Hess: „Vielleicht brauchen wir keinen Schiedsspruch“ Benjamin Rohrer, 01.03.2013 10:28 Uhr
Als unparteiischer Vorsitzender des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) verantwortete Dr. Rainer Hess jahrelang schwierige Entscheidungen, beispielsweise zur Erstattungsfähigkeit von Medikamenten. Jetzt muss er die ebenfalls schwierige Frage um den Kassenabschlag klären. Im Interview mit APOTHEKE ADHOC verrät Hess, warum der Streit zwischen Kassen und Apothekern aus seiner Sicht nicht unlösbar ist, was er davon hält, dass die Apotheker derzeit 1,75 Euro abrechnen und warum er die Leitung des Schiedsverfahrens überhaupt übernommen hat.
ADHOC: Wann wird der Kassenabschlag für 2013 stehen?
HESS: Es gibt eine Frist: 90 Tage nachdem sich die Schiedsstelle konstituiert hat. Dies ist aber immer noch nicht offiziell geschehen, weil der GKV-Spitzenverband zunächst seinen Schriftsatz zur Einbeziehung der Schiedsstelle einreichen muss. Das Verfahren an sich dürfte danach etwa zwei Monate dauern.
ADHOC: Wie kommentieren sie die Forderungen beider Parteien?
HESS: Gar nicht. Als unparteiischer Vorsitzender der Schiedsstelle kann ich zu diesem Zeitpunkt natürlich keine Partei ergreifen. Es handelt sich hierbei schließlich um einen Schlichtungsverfahren: Die Apotheker wollen auf Basis von 1,75 Euro verhandeln, die Kassen auf Basis von 2,05 Euro. Da hängen ja auch noch die offenen Verfahren aus 2009 und 2010 dran.
ADHOC: Hört sich nach einer schwierigen Aufgabe an.
HESS: Immerhin gibt es bei beiden Parteien wenigstens den gemeinsamen Wunsch nach einem Gesamtpaket, den ich sehr unterstütze. Das geht aber nur, wenn beide Parteien zustimmen.
ADHOC: Sie beschäftigen sich in ihren Vorbereitungen also nicht nur mit 2013?
HESS: Nein. Mein Ziel ist es, einen Konsens herzustellen. Ich glaube, dafür wurde ich auch zum Vorsitzenden berufen, um beide Parteien zueinander zu bringen. Ich verfolge eine längerfristige Lösung, die auch die Rechtsfragen aus 2009 und 2010 löst. Wenn wir da einen Konsens herstellen, brauchen wir vielleicht gar keinen Schiedsspruch. Erst wenn das nicht klappt, werde ich mich um einen isolierten Schiedsspruch für 2013 bemühen.
ADHOC: Die Apotheker rechnen trotzdem schon 1,75 Euro ab. Ist das riskant?
HESS: Auch das will ich nicht bewerten. Allerdings müssen sie damit rechnen, nachzahlen zu müssen, sollte das Endergebnis darüber liegen. Das gilt übrigens auch für die noch schwebenden Rechtsverfahren aus 2009 und 2010. Sowohl der Schiedsspruch als auch Gerichtsurteile hätten rückwirkende Wirkung.
ADHOC: Wie geht es nun weiter im Verfahren?
HESS: Bislang hat es noch kein gemeinsames Treffen gegeben, auch einen Termin gibt es noch nicht. Zunächst werde ich dem GKV-Spitzenverband eine Frist setzen, innerhalb derer der Schriftsatz eingereicht werden muss.