Kassen wollten nicht für Blutdruckmessung zahlen Patrick Hollstein, 17.06.2022 12:33 Uhr
Ein halbes Jahr lang konnten GKV-Spitzenverband und Deutscher Apothekerverband (DAV) sich nicht auf einen Katalog an pharmazeutischen Dienstleistungen (pDL) einigen, am Ende musste die Schiedsstelle entscheiden. Die Kassen blockierten vor allem bei einem Baustein.
Für vier Leistungen gab es laut Schiedsspruch Konsens zwischen den Vertragspartnern: die erweiterte Medikationsberatung bei Polymedikation, die pharmazeutische Betreuung von Organtransplantierten, die pharmazeutische Betreuung bei oraler Antitumortherapie und die erweiterte Einweisung in die korrekte Arzneimittelanwendung mit Üben der Inhalationstechnik. Auch über die Priorisierung bei der Vergütung waren sich Kassen und Apotheker einig.
Per Schiedsspruch „mit der erforderlichen Mehrheit“ entschieden wurden dagegen die Leistungsbeschreibung für die standardisierte Risikoerfassung hoher Blutdruck sowie die für alle pharmazeutischen Dienstleistungen festgesetzten Preise.
Ärzte effizienter
Dazu heißt es zur Begründung im Schiedsspruch, dass die Blutdruckmessung nicht zur normalen Beratung bei der Abgabe eines blutdrucksenkenden Arzneimittels gehöre. „Sie soll die Sicherheit und Wirksamkeit einer Arzneitherapie durch eine strukturierte pharmazeutische Blutdruckkontrolle verbessern.“ Die Kassen hatten moniert, dass die Blutdruckmessung durch den Arzt effizienter sei und die bei langfristigen Erkrankungen durchführbare Selbstmessung durch den Patienten „wegen der nicht bestehenden Ängste vor einer Kontrolle in der Arztpraxis oder Apotheke“ die einzig wirksame Alternative sei.
Weil Bluthochdruck aber der wichtigste Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist und diese wiederum die häufigste Todesursache seien, müssen nach Überzeugung der Schiedsstelle „alle Möglichkeiten zur Eindämmung dieses hohen Gesundheitsrisikos genutzt werden“. Internationale, aber auch nationale Studien belegten die Effizienz einer Einbeziehung der Apotheken in eine regelmäßige Blutdruckkontrolle. „Die enge Einbindung dieser Kontrolle in eine vorrangig zu stellende ärztliche Diagnose einer Hypertonie und in die Verpflichtung der Apotheke, bei Überschreitung der Blutdruckwerte dem Patienten das Aufsuchen eines Arztes zu empfehlen, tragen dabei den Besonderheiten des deutschen Gesundheitswesens Rechnung.“