Der Referentenentwurf zur Apothekenreform lässt auf sich warten. Stattdessen hat der GKV-Spitzenverband ein Positionspapier „Für eine moderne und wohnortnahe Arzneimittelversorgung“ vorgelegt. Darin gibt es Lob für das Eckpunktepapier aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) und neben Ideen zur Honorarumverteilung auch einen Vorschlag für ein Frühwarnsystem bei Lieferengpässen. Vorbild ist Österreich.
Die Arzneimittelversorgung ist in Gefahr und das Apothekensterben setzt sich ungehindert fort. „Herausforderungen für die Arzneimittelversorgung sind insbesondere der Fachkräftemangel sowie ein wachsendes Gefälle in der Versorgung zwischen dicht und schwächer besiedelten Regionen“, heißt es vom GKV-Spitzenverband, der sich für die Apotheke ohne Approbierte ausspricht.
„Möglichkeiten zur einfacheren Neugründung von Apothekenstandorten mit erleichterten Struktur- und Personalanforderungen, flexiblere Öffnungszeiten sowie erweiterte Kompetenzen für erfahrene und qualifizierte pharmazeutisch-technische Assistentinnen und Assistenten stellen sinnvolle, weiter auszuarbeitende Ansätze dar.“
Dass erfahrene PTA die Leitung von Apotheken in strukturschwachen Regionen übernehmen, kann aus Sicht des GKV-Spitzenverbands dem Fachkräftemangel in ländlichen Gebieten entgegenwirken. Außerdem würden die Attraktivität des Berufsbildes der PTA gesteigert und neue Möglichkeiten der Nachwuchsgewinnung geschaffen. Telepharmazeutisch eingebundene Apotheker:innen würden eine qualitativ hochwertige Versorgung weiter gewährleisten.
„Ziel muss es sein, durch Reformen die flächendeckende Arzneimittelversorgung entsprechend dem tatsächlichen Bedarf vor Ort weiterzuentwickeln.“
Pharmazeutische Dienstleistungen (pDL) sollten den Apotheken eine aktivere Rolle in der Gesundheitsversorgung ermöglichen. Eigentlich. Die Praxis zeigt ein anderes Bild. Die Leistungen sind noch immer ein Nischenthema – in Angebot und Nachfrage. Dementsprechend wird nur ein Bruchteil der von den Krankenkassen dafür aufgebrachten Mittel tatsächlich abgerufen. Mit den pDL sollte laut GKV-Spitzenverband ein gesicherter Mehrwert für Patientinnen einhergehen. Außerdem sollten die Höhe der vorgesehenen Vergütung sowie die Mittelaufbringung über einen Zuschlag in der Arzneimittelpreisverordnung pro abgegebener Fertigarzneimittelpackung und die Verteilung des Vergütungsvolumens über den Nacht- und Notdienstfonds überprüft werden. Eine Direktabrechnung von Apotheken mit Krankenkassen würde den bürokratischen Aufwand reduzieren.
Pharmazeutischen Kompetenzen müsse aus Sicht des GKV-Spitzenverbandes stärker genutzt werden. So würden vor allem die Potenziale telepharmazeutischer Beratung nicht in die Versorgung integriert. Auch alternative Abgabeformen, die den Zugang der Bevölkerung zu Arzneimitteln vereinfachten, seien nur eingeschränkt möglich. Aufgrund von steigendem Versorgungsbedarf und der Fachkräftemangel müssten die Chancen zur digitalen/technischen Unterstützung pharmazeutischer Leistungen genutzt werden. „Dabei könnten die automatisiert unterstützte Abgabe von Arzneimitteln und Beratung einen Beitrag zu einer weiterhin flächendeckenden qualifizierten Versorgung leisten“, so der GKV-Spitzenverband.
Sieben Stunden pro Woche wenden Apo für das Management von Lieferengpässen auf. Zeit, die unter anderem in der Beratung fehlt. Eine Lösung muss her. Geht es nach dem GKV-Spitzenverband, muss es ein Frühwarnsystem für Engpässe geben. Ärzt:innen müssten bereits bei der Verordnung entsprechend informiert werden. „Dies würde erneute Rücksprachen von Ärztinnen und Ärzten mit Apotheken vermeiden, Unsicherheiten in der Arzneimitteltherapie für Patientinnen und Patienten reduzieren und in vielen Fällen den Apotheken Austauschvorgänge ersparen.“
Vorbild ist Österreich, wo Softwareanbieter bereits Daten zur Verfügbarkeit in die Praxisverwaltungssysteme einbinden. „Mit dem Digitalisierungsschub der derzeitigen Gesetzgebung und der Einführung des E-Rezepts würde eine solche Lösung für alle Anspruchsgruppen einen Mehrwert bieten“, so der GKV-Spitzenverband.
Österreich nutzt die App „EKO2Go“ aus dem österreichischen Sozialsystem. Die Player im Versorgungsalltag – Ärzteschaft, Apotheken, Versicherte – erhalten über die App tagesaktuelle Informationen zur Verfügbarkeit von Arzneimitteln und Austauschmöglichkeiten. Möglich ist dies auf Grundlage von verpflichtenden Meldungen aller an der Arzneimittelversorgung Beteiligten. „Benötigt wird auch für Deutschland eine digitale Lösung auf der Höhe der Zeit mit einem schnellen Informationsfluss und Zugang für alle Anspruchsgruppen.“
„Der Aufbau eines Frühwarnsystems sollte stärker vorangetrieben und mit weitergehenden Zielen verbunden werden“, findet der GKV-Spitzenverband. Nicht nur Hersteller, sondern auch der pharmazeutische Großhandel und Apotheken sollen Engpässe melden. „Damit würden auch Apotheken entlastet und letztlich Personalressourcen frei, die in die pharmazeutische Betreuung fließen könnten.“
Außerdem bringt der GKV-Spitzenverband ein neues Vergütungsmodell ins Gespräch. Stark frequentierte Stadtapotheken sollen mit einer Grundvergütung auskommen und Landapotheken künftig zusätzlich einen Versorgungsbonus erhalten. Ziel ist es, die ländliche Versorgung zu sichern.
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