Ergotherapie

Kassen erlauben Blankoverordnungen Patrick Hollstein, 19.02.2024 12:27 Uhr

Ab 1. April selbst können Ergotherapeutien selbst entscheiden, welche Behandlung für die überwiesenen Patientinnen und Patienten die richtige ist Foto: icarmen13 – stock.adobe.com
Berlin - 

Ergotherapeutinnen und -therapeuten können ab 1. April selbst entscheiden, welche Behandlung für die überwiesenen Patientinnen und Patienten die richtige ist. Als erste Anbieter im Heilmittelbereich erhalten sie eine sogenannte erweiterte Versorgungsverantwortung. Grundlage ist ein entsprechender Vertrag zur Blankoverordnung mit den Kassen.

Bei der Blankoverordnung stellen Ärztinnen und Ärzte zwar nach wie vor die Diagnose, verordnen aber kein konkretes Heilmittel mehr. Auf der Grundlage der Indikationsstellung und Verordnung können die Therapierenden eigenständig entscheiden über

  • die Auswahl des oder der Heilmittel
  • die Therapiefrequenz
  • die Dauer der einzelnen Behandlungstermine
  • die Gesamtdauer der Therapie pro Blankoverordnung

Die Leistungserbringenden können die Therapie hierdurch über einen Zeitraum von bis zu 16 Wochen flexibel – und somit auch patientenindividuell und bedarfsgerecht – gestalten. Gesetzliche Grundlage ist § 125a Sozialgesetzbuch (SGB V).

Flexible Zeitintervalle

In der Ergotherapie startet die Blankoverordnung in den Diagnosegruppen PS 3 (wahnhafte und affektive Störungen), PS4 (demenzielle Syndrome) und SB1 (Erkrankungen der Wirbelsäule, Gelenke und Extremitäten). Diese Gruppen umfassen laut GKV-Spitzenverband rund 20 Prozent der Versorgung in der Ergotherapie.

Die Vertragspartner konnten sich auf die wesentlichen Vertragsinhalte verständigen, unter anderem auf ein bedarfsgerechtes Ampelsystem mit flexiblen Zeitintervallen à 15 Minuten. Danach können Therapeutinnen und Therapeuten die in der grünen, gelben und roten Phase vereinbarten Mengen individuell abgeben. Um eine unwirtschaftliche Mengenausweitung zu vermeiden, wurde in der roten Phase ein Vergütungsabschlag vereinbart.

Im Grundsatz gelten für die Blankoverordnung die Vorgaben der Heilmittel-Richtlinie und des Vertrages nach § 125 Absatz 1 SGB V über die Versorgung mit Ergotherapie. Es gelten jedoch einige hiervon abweichende Besonderheiten:

  • Die in den jeweiligen Diagnosegruppen durchführbaren vorrangigen Heilmittel werden patientenindividuell in Zeitintervallen à 15 Minuten abgegeben.
  • Die Therapiezeit pro Behandlungstermin beträgt dabei mindestens 30 Minuten und höchstens 180 Minuten.
  • Für die Vor- und Nachbereitung sowie Verlaufsdokumentation kann pauschal ein Zeitintervall pro Behandlungstermin abgerechnet werden.
  • Es können verschiedene Heilmittel an einem Behandlungstermin erbracht werden.
  • Pro Tag kann ein Behandlungstermin erfolgen.

Schiedsspruch zum Honorar

Über das Honorar musste allerdings die Schiedsstelle entscheiden. Demnach werden die einzelnen ergotherapeutischen Maßnahmen bei dieser neuen Versorgungsform genauso vergütet wie in der Regelversorgung. Für den besonderen Aufwand gibt es jedoch eine neue versorgungsbezogene Pauschale je Blankoverordnung.

„Wir freuen uns, dass mit dem Vertrag zur Blankoverordnung für die Ergotherapie die Heilmittelversorgung um eine weitere Säule ergänzt wird. Für die Versicherten soll dadurch eine noch individuellere und bedarfsgerechtere Therapie ermöglicht werden“, so Stefanie Stoff-Ahnis, Vorständin des GKV-Spitzenverbandes. Diese neue Versorgungsform bedeute für die Heilmittelerbringenden aber zugleich eine größere Verantwortung – nicht nur hinsichtlich der Durchführung der ergotherapeutischen Maßnahmen, sondern auch, was die damit verbundene Mengen- und Ausgabenentwicklung angehe. „Wir erwarten, dass die Therapeutinnen und Therapeuten dieser Verantwortung gerecht werden.“