Steuerrecht

Kassen blenden „Vorteil24“ aus

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Berlin -

Geschäftsmodelle nach dem Vorbild des Pick-up-Konzepts „Vorteil24“ könnten für die Krankenkassen teuer werden. Denn nach einer Stellungnahme des Bundesfinanzministeriums (BMF) sind Tricks mit der Mehrwertsteuer nicht möglich. Während Experten die Kassen jetzt vor erheblichen Steuernachforderungen warnen, hat sich der GKV-Spitzenverband noch nicht mit der Thematik befasst.

 

Auf den ersten Blick ist das Geschäftsmodell charmant: Patienten kaufen ihre Arzneimittel in den Niederlanden ein und lassen sie sich in eine deutsche Apotheke liefern. Weil die Mehrwertsteuer auf Arzneimittel in Holland 6 Prozent beträgt, in Deutschland aber 19 Prozent, können die Beteiligten die Differenz unter sich aufteilen. Denn die Krankenkassen erstatten immer den einheitlichen Abgabepreis inklusive deutscher Steuer.

Doch die Sache hat einen Haken: Das Bundesfinanzministerium hat klargestellt, dass solche Tricks mit dem Mehrwertsteuergefälle zumindest bei GKV-Rezepten nicht funktionieren. Steuerrechtlich erstatten die Kassen der niederländischen Apotheke einen Nettopreis. Demnach müssten die Kassen alle Umsätze nachträglich versteuern, warnen Steuerexperten.

 

 

Das BMF hatte in einer Stellungnahme angekündigt, dass die Spitzenverbände der Krankenkassen in Kürze über die umsatzsteuerliche Behandlung von Arzneimittellieferungen aus dem Ausland informiert werden sollen.

Dies ist aber offenbar bislang nicht erfolgt: „Weder das Bundesfinanzministerium noch eine andere Behörde ist bisher zu diesem Thema auf uns zugekommen“, sagte ein Sprecher des GKV-Spitzenverbands auf Nachfrage. Auch die Kassen hätten die Steuerfrage noch nicht thematisiert. „Von daher hatten wir noch keine Veranlassung, uns mit dem Thema näher auseinander zu setzen“, so der GKV-Sprecher.

Welches Ausmaß mögliche Steuerrückforderungen haben könnten, ist schwer zu sagen. Alle großen niederländischen Versandapotheken zahlen ihre Steuern für die Umsätze mit deutschen Kunden nach Angaben der Finanzbehörden hierzulande. Bei „Vorteil24“ wird die Abgabe der Arzneimittel über die Abholklausel dagegen in die Niederlande verlagert. Das Finanzgericht Düsseldorf hatte sich bereits 2009 mit der Umsatzsteuererklärung der Montanus Apotheke befasst. Ein Ergebnis des Verfahrens ist noch nicht bekannt.

 

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