Cannabis auf Rezept

Kasse kritisiert unkonkretes Gesetz

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Berlin -

Fast ein Jahr ist es nun her, seit dem Patienten Cannabis auf Kassenrezept verordnet bekommen können. Dabei hat der Gesetzgeber bewusst vermieden, Indikationen zu nennen. Die Siemens-Betriebskrankenkasse (SBK) beobachtet seit der Gesetzesänderung, dass trotz unklarer Studienlage und unkonkreten Gesetzespassagen Medizinalhanf häufig ärztlich verordnet wird.

Anders als bei anderen Arzneimitteln ist bei Cannabis nicht genau geregelt, bei welchen Erkrankungen und Krankheitsbildern das Betäubungsmittel eingesetzt werden darf. § 31 SGB V Abs. 6 schreibt lediglich vor, dass Versicherte mit einer schwerwiegenden Erkrankung einen Anspruch auf Versorgung mit Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standardisierter Qualität und auf Versorgung mit Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon haben. Dabei darf eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung stehen oder die Anwendung beim Versicherten kontraindiziert sein.

Zudem kann im Einzelfall der behandelnde Arzt unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen eine Anwendung für sinnvoll erachten, wenn „eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome besteht“. Ärzte müssen allerdings darlegen, warum Cannabinoide zu einer Besserung beitragen können und dies mit Hinweisen auf Studien belegen. Das Verfassen und Prüfen eines Antrags sei nach Angaben der SBK für alle Beteiligten sehr aufwändig, zumal würden aktuelle Untersuchungen kaum eindeutige Antworten liefern. Der wenig konkrete Gesetzestext und die diffuse Studienlage sorge bei Ärzten für Unklarheiten bei der Verordnung.

Infolge stellte die Krankenkasse fest, dass anfangs vermehrt Patienten einen Antrag auf Kostenübernahme stellten, „bei denen die Voraussetzungen hierfür nicht erfüllt wurden“. Doch inzwischen würde der Großteil der Patienten Kostenübernahmen beantragen, bei denen der Einsatz von Cannabis sinnvoll und gesetzlich erlaubt sei. „Vor allem den Versicherten würde eine eindeutige Regelung und eine klare Studienlage aber helfen, damit sie schneller das für sie geeignete Arzneimittel erhalten“, sagt Heinz-Ulrich König, der zuständig für das Arzneimittel-Vertragsmanagement bei der SBK ist.

„Versicherte, die vor dem neuen Gesetz eine Ausnahmegenehmigung vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte hatten, erhalten nach einer eingehenden Prüfung im Regelfall auch weiterhin Cannabis“, so König. Seit Gesetzeseinführung seien rund 350 Anträge auf Kostenübernahme bei der SBK eingegangen, von denen drei Viertel genehmigt wurden. Bei 25 Prozent der Anträge kam es zu einer Ablehnung, „weil keine ausreichende Begründung für die Therapie mit Cannabis vorlag“.

90 Prozent der eingehenden Anträge wurden an den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) weitergeleitet. Wenn der MDK bei der Entscheidung zur Kostenübernahme einbezogen wird, hat die Krankenkasse fünf Wochen Zeit, über den Antrag zu entscheiden. Anders sieht es aus bei Versicherten mit einer schweren Krebserkrankung oder einer spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV), deren Anträge innerhalb von drei Tagen bearbeitet werden: „Hier möchten wir den Versicherten schnell und unkompliziert helfen, damit sie zügig Cannabis aus der Apotheke beziehen können“, sagt König. „Wir wissen von unseren Versicherten, dass Cannabinoide vor allem bei Appetitlosigkeit und Übelkeit infolge einer Krebsbehandlung oder Chemotherapie ihre Situation erheblich verbessern.“

Die SBK weist außerdem darauf hin, dass aufgrund der medialen Popularität von Cannabis viele Patienten sich mehr erhoffen würden, als bei ihrem Fall möglich sei. Vielen Menschen mit chronischen Schmerzen und Schlafstörungen würden andere Behandlungsmethoden und ergänzende Maßnahmen wie Bewegung, Physiotherapie, Gewichtsreduktion oder auch Psychotherapie in der Regel deutlich besser helfen. Auch würden einige Patienten Cannabis als pflanzliche und somit „ungefährliche“ Alternativmedizin betrachten. Dabei gebe es laut König mehrere Kontraindikationen, bei denen die Beschwerden noch verschlimmert werden könnten, beispielsweise beim Einsatz bei Psychosen.

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