Karl, der Mal-sehen-wie-Große Alexander Müller, 20.01.2022 18:46 Uhr
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) ist nun seit knapp sechs Wochen im Amt. Ein guter Anlass für ADHOC-Herausgeber Thomas Bellartz und Chefredakteur Alexander Müller ein erstes Resümee zu ziehen: Welche Projekte hat er angeleiert, fortgeführt oder abgesägt? Was ist seit Amtsantritt im Bundesgesundheitsministerium passiert und welche „Spahnschen Suppen“ hat Karl Lauterbach bereits ausgelöffelt?
„Ich finde es klasse, dass wir einen Gesundheitsminister haben, der auf Twitter und Instagram weiterhin Studienergebnisse teilt, kommentiert und einordnet“, ist ein erstes Fazit von Bellartz. Er traut Lauterbach zu, „einer der Stars im Kabinett Scholz zu werden“. Müller ist gespannt, wie sich das Ministerium auf diesen Kommunikationsstil einstellen wird, der für eine Behörde ja durchaus fordernd sein könne.
Lauterbachs Erfolg – und letztlich auch sein Stand bei den Apotheker:innen – dürfte laut Müller auch davon abhängen, wie präzise die Arbeit des Ministeriums unter seiner Führung sein wird. Denn die Verordnungen seines Amtsvorgängers Jens Spahn (CDU) hätten oft viel Spielraum für Interpretationen gelassen, Vorgaben seien wenig später wieder kassiert worden. Hier sei die Hoffnung aller, dass das Ministerium unter neuer Führung etwas genauer arbeiten wird. Und erste Kommentare von Juristen zu aktuellen Verordnungen seien da durchaus positiv, konstatiert Müller.
Beim Thema Impfen könnten sich die Apotheken jedenfalls vom BMG unterstützt fühlen. So sei die Frage der Nutzung externer Räume eindeutig geklärt worden. „Hier werden den Apotheken eher Steine aus dem Weg geräumt und können froh sein, dass sie von der Politik gut begleitet werden“, so Müller.
Zentraler Berührungspunkt der Apotheker:innen mit dem neuen Minister war bislang vermutlich die Absage der verpflichtenden Einführung des E-Rezepts zum Jahreswechsel. Spahns Nachfolger habe dessen Prestigeprojekt im letzten Moment und völlig zu Recht den Stecker gezogen. Hier habe Lauterbach Führung bewiesen, so Bellartz.
Ein anderes großes Thema in dieser Legislatur könnte die Cannabislegalisierung sein, die sich die Ampel in den Koalitionsvertrag geschrieben hat. Für die konkrete Umsetzung und Definition der Abgabestellen sei das Bundesgesundheitsministerium (BMG) mindestens mitverantwortlich. Dabei werde die neue Regierung einen „gesundheitspolitischen und sozialpolitischen Leuchtturm“ bauen können, so Bellartz, „und auch der wird mit dem Namen Karl Lauterbach verbunden sein“. Müller begrüßt in diesem Zusammenhang, dass Lauterbach mit Burkhard Blienert als neuen Bundesdrogenbeauftragten installiert hat. Mit dem ehemaligen drogenpolitischen Sprecher der SPD habe Lauterbach erneut auf Expertise gesetzt.
Beim Thema Impfpflicht hätte sich Müller eine klarere Kante von Lauterbach gewünscht: Einen eigenen Entwurf aus dem BMG, über den dann im Bundestag ohne Fraktionszwang debattiert und abgestimmt werden könne. Bellartz würde es dagegen reichen, wenn die Abgeordneten von den beteiligten Ministerien mit Informationen zu den zentralen Themen wie dem Verfassungsrecht munitioniert würden.
Und Bellartz ist gespannt, wie sich Lauterbach schlagen wird, wenn Corona nicht mehr die zentrale Bedeutung haben wird. Denn dann werde es auch ums Geld gehen. Auch das Apothekenhonorar werde dann Thema werden, ist Bellartz überzeugt. Auf Lauterbach kämen sicherlich viele unbequeme Debatten zu, pflichtet Müller bei. Allein der große Personalmangel in vielen Gesundheitsberufen sei ein riesiges Thema. „Also er wird keine vier ruhigen Jahre haben, aber man hat bei ihm das Gefühl: Dafür hat er es auch nicht gemacht.“