Das scheinbar endlose Tauziehen um die von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) angekündigte Apothekenreform zerrt an den Nerven der Apothekerschaft. Kammer und Verband in Brandenburg verlangen jetzt die Rückkehr zur bereits aufgegeben ABDA-Forderung nach einem Rx-Versandverbot. Mehr noch – die ABDA soll die Dinge nicht nur bei der Digitalisierung in die Hand nehmen, sondern wieder Protest organisieren: „Es ist an der Zeit, dass RxVV zurück auf den Plan zu holen und mit allen Mitteln durchzusetzen, die Digitalisierung in unserem Bereich durch uns federführend zu besetzen und die erwähnten Eskalationsstufen zu zünden“, heißt es in einem gemeinsamen offenen Brief an ABDA-Präsident Friedemann Schmidt.
Jetzt sei der Zeitpunkt gekommen, die Beschlusslage vom 17. Januar umzusetzen, „wenn wir als Berufsstand noch etwas für den Erhalt der öffentlichen Apotheken unternehmen wollen, bevor ihnen die wirtschaftliche Grundlage komplett entzogen wird und der Versandhandel die flächendeckende Versorgung retten muss“, schreiben Verbandchef Olaf Behrendt und Kammerpräsident Jens Dobbert und verweisen auf die Diskussion innerhalb der Regierungskoalition. Das Gesetzgebungsverfahren zum GSAV sei nun soweit fortgeschritten, dass zwar eine Lösung zur Herstellung der Gleichpreisigkeit für den GKV-Bereich gefunden wurde – auch wenn diese durch den Koalitionspartner bereits wieder infrage gestellt werde – und für den PKV-Bereich wegen Nichtregelbarkeit anderweitige Ausgleichsmaßnahmen angedacht würden.
Aber: „Da diese nun bereits wieder mit Kürzungen versehen werden, ist klar, dass der Sinn der Gleichpreisigkeit nicht verstanden wurde“, kritisieren die beiden Standesvertreter. Verbraucherschutz sei nicht verhandelbar und Apotheker seien nicht käuflich: „Insofern gibt es ohnehin nur eine Lösung, und zwar das Rx-Versandverbot. Diese Forderung ist nicht nur Beschlusslage, vielmehr wird immer deutlicher, dass ein anderes Vorgehen nicht zum Ziel führen kann.“
Zudem habe sich auch die Politik der EU-Kommission verändert: Finde diese keinen Angriffspunkt im Gesundheitsbereich, verlagere sie ihr Wirken auf den Binnenmarkt. „Daher haben sich die Vorstände von Kammer und Verband in Brandenburg auf ihrer gemeinsamen Vorstandssitzung entschieden, die ABDA jetzt zum Vollzug der Beschlusslage und der zum DAT angekündigten Eskalationsstufen aufzufordern“, heißt es in dem Schreiben weiter. Damit nehmen Kammer und Verband Bezug auf eine vor dem DAT von der ABDA gemachte Ankündigung. Welche Eskalationsstufen die ABDA damit gemeint haben könnte, ist dem Verband nicht bekannt.
Die Ergebnisse des Gesetzgebungsverfahrens zur Impfstoffversorgung hätten gezeigt, wohin die Reise gehe, setzt der Brief fort: „Diese Ergebnisse sind nicht hinnehmbar – weder finanziell noch intellektuell. Seit wann handelt es sich denn bei den 8,35 Euro um ein Beratungshonorar? Diese dienen lediglich der Deckung der Fixkosten einer Apotheke! Dieses Ergebnis, gepaart mit dem ministeriellen Ziel, das Impfen in die Apotheke zu verlagern, sorgt für unnötigen Ärger zwischen Ärzten und Apothekern. Die wirtschaftliche Grundlage einer Impfstoffversorgung ist uns damit entzogen worden.“
Auf der anderen Seite werde allen Playern, die durch digitale Angebote am Gesundheitsmarkt partizipieren wollten, durch eine viel zu zurückhaltende Strategie ein geebneter Einstieg ermöglicht. Politisch gestützt nutzten Startups und finanziell massiv ausgestattete Konzerne bereits heute den Drang der Menschen nach Bequemlichkeit in der Arzneimittelversorgung. „Aber welche Qualität und Sicherheit bietet diese Convenience? Sollten wir als Berufsorganisationen uns nicht endlich viel mehr als bisher prägend und – mit verbindlichen Definitionen gerüstet – gestaltend in diese Entwicklung einmischen?“, richtet sich die Kritik aus Brandenburg gegen die ABDA.
Dazu gehöre selbstverständlich auch der Einsatz finanzieller Ressourcen und das Einbinden der vielen in diesem Bereich aktiven Personen, die durchaus in den Reihen der Apotheker zu finden seien. „Gerade bei der Digitalisierung zählen Mut, Risikobereitschaft und insbesondere Gestaltungswille!“, schreiben Behrendt und Dobbert.
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