Freude über EuGH-Entscheidung

Kammer: Rx-Gewinnspiel geht zu weit

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Berlin -

An die Preisbindung muss DocMorris sich nicht halten, aber Gewinnspiele auf Rezept gehen zu weit. Bei der Apothekerkammer Nordrhein (AKNR) freut man sich über diese Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Seit Jahren geht die Kammer immer wieder juristisch gegen DocMorris vor, wenn die Konzepte des Versenders „das stabile, sichere und funktionierende System der Arzneimittelversorgung durch die Apotheken vor Ort bedrohen“.

„Einigen Menschen ist möglicherweise nicht bewusst, wie unverzichtbar und wichtig die Apotheke vor Ort ist oder im späteren Leben für sie werden kann“, stellt Kammerpräsident Dr. Armin Hoffmann fest. „Zu leichtfertig lösen sie Rezepte bei Versendern im EU-Ausland ein – angelockt durch Prämien, Bonuspunkte oder die Teilnahme an Gewinnspielen. Sie wissen nicht, dass diese aggressive Form des Werbens ihnen persönlich kurzfristig den Blick auf die notwendige Beratung durch pharmazeutische Expertinnen und Experten verstellt und langfristig die wohnortnahe Versorgung der Menschen mit Arzneimitteln einschließlich der Beratungsleistung durch pharmazeutisches Fachpersonal, den Nacht- und Notdienst und viele weitere Serviceleistungen der Apotheke massiv gefährdet.“

Daher sei es erfreulich, dass der EuGH die Interessen der Verbraucher gestärkt habe, indem er dem deutschen Gesetzgeber einen weiten Handlungsspielraum für den Erlass von Werbeverboten im Zusammenhang mit Arzneimitteln zugesprochen und indirekt allzu aggressive Werbung verboten habe. „Der Verbraucherschutz steht also ganz offensichtlich über wirtschaftlichen Interessen von Konzernen.“

„Wenn ein Arzt ein Arzneimittel verordnet, ist es zum Schutz der Gesundheit des Patienten unerlässlich, dass zusätzlich ein Apotheker als Experte für pharmazeutische Fragen im direkten Kontakt mit dem Patienten eine umfassende Beratung bieten kann“, so Hoffmann. Immer wieder komme es vor, dass Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln oder andere Fragen der Unverträglichkeit im direkten Gespräch beantwortet und gesundheitliche Probleme gelöst werden können – teils, bevor sie überhaupt entstehen. Dieser Service sei durch ein Logistikunternehmen kaum zu gewährleisten.

„Wir beobachten ohne Zweifel einen Trend zum E-Commerce, gerade auch in der Corona-Pandemie. Für Arzneimittel und vor allem rezeptpflichtige Präparate sollte dieser Trend aber nur in Ausnahmefällen gelten. Hier bleiben Apothekerinnen, Apotheker und PTA die besten Ansprechpartner, um schnell wieder gesund zu werden.“

Im konkreten Fall ging es um ein Gewinnspiel von DocMorris, bei dem Kunden durch das Einsenden eines Rezeptes ein E-Bike im Wert von rund 2500 Euro und hochwertige Zahnbürsten gewinnen konnten. „Wir sehen in einem Gewinnspiel eine unsachgemäße Beeinflussung und haben Klage erhoben“, berichtet Justiziarin Dr. Bettina Mecking. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte die Sache zu einer europarechtlichen Bewertung an den EuGH abgegeben. „Der EuGH hat heute entschieden, dass die Nationalstaaten in diesen Angelegenheiten grundsätzlich selbst entscheiden können, gewisse Richtlinien nicht anwendbar sind und die Standards der jeweiligen Länder gelten, sofern die Regelungen dem Gesundheitsschutz dienen und unterschiedslos auf alle Marktteilnehmer Anwendung finden“, so Mecking.

„Zum Standard in Deutschland gehört eben gerade eine fachliche Beratung durch pharmazeutisches Personal in den Apotheken vor Ort, die die wohnortnahe Versorgung der Menschen mit Arzneimitteln rund um die Uhr sicherstellen“, so Hoffmann und Mecking. Nun sei der BGH am Zug. „Die Richter dort haben – meiner Meinung nach – schon zu verstehen gegeben, was sie von unsachgemäßer Beeinflussung halten und welchen Stellenwert sie der Beratungsleistung des Apothekers beimessen“, hofft Mecking auf eine weitere positive Entscheidung aus Karlsruhe. In jedem Fall sei heute ein guter Tag für den Verbraucherschutz in Deutschland. „Stellvertretend für die gesamte deutsche Apothekerschaft haben wir einen wichtigen Etappensieg errungen“, findet Hoffmann.

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