Licht und Schatten sieht die Apothekerkammer Westfalen-Lippe in den Vorschlägen von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zur Reform des Apothekenmarktes. In einem Schreiben an die ADBA fordert die Kammer Präsident Friedemann Schmidt auf, die Gespräche mit Spahn fortzusetzen. Dazu liefert die AKWL eine „Vielzahl von weiteren Ergänzungen, Forderungen und Anregungen“. Bedenken hegt die Kammer gegen den Boni-Deckel und die Begrenzung des Marktanteils: Es müsse kritisch hinterfragt werden, ob dadurch die „intendierte Gleichpreisigkeit“ erzielt werden könne oder „nicht eher eine Ähnlichpreisigkeit“.
Ein kategorisches Nein zu Spahns Plan B kommt für die AKWL aber nicht in Frage: „Uns ist sehr daran gelegen, dass die Apothekerschaft den weiteren Prozess gleichermaßen aktiv und konstruktiv-kreativ weiterverfolgt und sich nicht in die Opferrolle begibt“, heißt es in dem Schreiben von Kammerpräsidentin Gabriele Regina Overwiening, das mit allen Fraktionen der Kammerversammlung abgestimmt ist: „Wir möchten selbstbewusst den Weg in eine gute Zukunft“ gestalten. In Spahns Vorschlägen seien „viele Ansätze“ enthalten, die geeignet seien, die Apotheke vor Ort zu stärken.
Allerdings wirft aus Sicht der AKWL der 2,50-Euro-Boni-Deckel für ausländische Versender bei einem Marktanteil bis zu 5 Prozent „noch eine Reihe rechtlicher Fragen“ auf: Sei die Deckelung auf 2,50 Euro pro Arzneimittel oder pro Rezept angedacht oder gebe es eine andere Deckelung wie 2,50 Euro pro Arzneimittel und 5,00 Euro pro Rezept? Sei eine Dynamisierung des Deckel „mitgedacht“, will die Kammer wissen.
Erfahren will die Kammer auch, auf welcher Grundlage der Marktanteil des Versandhandels berechnet werden soll: Nach Absatz oder Umsatz? Und wie könne sichergestellt werden, dass von deutschen Apothekern gegen den Boni-Deckel wegen Inländerdiskriminierung nicht geklagt werde? Wissen möchte die AKWL auch, ob zuzahlungsbefreite Patienten vom Rx-Boni ausgeschlossen werden können, weil sonst das Steuerungsinstrument fehle und ob Boni nicht direkt von der Zuzahlung abgezogen werden können.
Spahn hatte angekündigt, einzelne Anforderungen an den Versandhandel wie Temperaturkontrolle und den Botendienst zu „konkretisieren“. Dazu schlägt die AKWL vor, die Versandregeln so zu gestalten, „dass es für den Versandhandel durch die verpflichtende Einhaltung der für die Versorgung mit Arzneimitteln allgemeingültigen Qualitätskriterien möglichst unattraktiv wird“: Einhaltung der Lager- und Temperaturbestimmungen, Abgabe nur direkt an Empfänger, Ausschluss bestimmter beratungsintensiver Arzneimittel.
Die von Spahn in Aussicht gestellten 240 Millionen Euro für Dienstleistungen sollten laut AKWL beispielsweise nach dem AMTS-Stufenplan der ABDA verteilt werden. Auch Honorare für Rezeptverlängerungen in arztunterversorgten Gebieten regt die Kammer an sowie Honorar für Dauerverordnungen. Mehr Honorar gebe es nach Spahns Konzept aber nur bei mehr Leistung, „es ist keine Dynamisierung enthalten“, merkt die AKWL an.
Von der geplanten Verdoppelung des Nacht- und Notdienstes profitierten nur Apotheken, die viele Dienste machten. „Zu stärken wären aber auch Apotheken in strukturschwachen Stadtrandlagen mit wenigen Notdiensten“. Der Vorschlag von Spahn könne insgesamt „nur als Ausgangspunkt, aber keinesfalls als Endergebnis der Verhandlungen sein“, resümiert die AKWL: „Absolute Priorität muss dabei die Entwicklung eines Gesamtpaketes sein, das die Apotheke vor Ort in ihrer Wirtschaftskraft und Zukunftsfähigkeit nachhaltig und dauerhaft stärkt.“
APOTHEKE ADHOC Debatte