Kammer: Ärzte sollen Botendienst verordnen Lothar Klein, 26.06.2018 11:57 Uhr
Laut Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) entscheiden die Apotheker über die Lieferung von Arzneimitteln an ihre Patienten via Botendienst im Einzelfall. Die Apothekerkammer Thüringen (LAKT) will den Botendienst jetzt in die Hände der Ärzte legen. Per Rezept sollen Ärzte den „arztinduzierten Botendienst“ anfordern und die Apotheken dafür von den Krankenkassen ein Honorar erhalten. Das sieht ein Antrag der LAKT für den Deutschen Apothekertag 2018 in München vor.
„Die Delegierten des Deutschen Apothekertages fordern das Bundesministerium für Gesundheit auf, die notwendigen rechtlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, damit Ärzte die Möglichkeit erhalten, auf Verschreibungen die Auslieferung der verordneten Arzneimittel durch einen pharmazeutischen Boten zu veranlassen („arztinduzierter Botendienst“). Auf Grundlage dieser Verordnung rechnet die Apotheke die Zustellung der Arzneimittel der Krankenkasse gegenüber ab“, lautet der Antrag.
Die Begründung des Antrags zielt auf die Sicherstellung der flächendeckenden Arzneimittelversorgung ab. Diese sei die vornehmste Aufgabe der öffentlichen Apotheken in Deutschland. In Zeiten von Rabattverträgen und Lieferverzögerungen, aber auch bei der Versorgung von Patienten mit eingeschränkter Mobilität, sei der Botendienst ein wichtiger Bestandteil der Aufgabenbewältigung durch die Apotheke. „Zurzeit ist der Botendienst der Apotheke in vielen Fällen nur eine freiwillige Serviceleistung, der Patient hat keinen Anspruch darauf“, so die Begründung weiter.
Durch die Einführung des „arztinduzierten Botendienstes“ könne die Auslieferung von Arzneimitteln durch den verordnenden Arzt veranlasst werden, der gleichzeitig sicherstelle, dass die notwendige Beratung zum Arzneimittel „an & der Haustür“ beziehungsweise beim Patienten erfolgen könne. Die Versorgung des Patienten werde durch die Etablierung des Botendienstes als „Kassenleistung“ im ärztlich festgestellten Bedarfsfall erheblich verbessert und die umgehende flächendeckende Versorgung gerade auch für nicht mobile Patienten verlässlich sichergestellt“, begründet die Kammer ihren Antrag für den DAT.
In der Diskussion war der Antrag heftig umstritten. Einige Teilnehmer befürchteten dadurch die Förderung des Versandhandels mit Arzneimitteln. In der Abstimmung gab es allerdings nur eine Gegenstimme und wenige Enthaltungen. Laut Dr. Lutz Gebert, Vizepräsident der LAKT, würde mit diesem Antrag der Botendienst zur Pflichtleistung jeder Apotheke. Gegenwärtig sei der Botendienst eine freiwillige Leistung und werde nicht vergütet, so Gebert. Daher werde der der Botendienst nicht von allen Apotheken angeboten. Über die Höhe der Vergütung hat sich die LAKT noch keine konkreten Gedanken gemacht. Das sei dann Verhandlungssache zwischen den Vertragspartnern. Allerdings müsse das Honorar „kostendeckend“ sein.
In der Apothekenbetriebsordnung ist der Botendienst in § 17 geregelt. Dort heißt es: „Die Zustellung durch Boten der Apotheke ist im Einzelfall ohne Erlaubnis nach § 11a des Apothekengesetzes zulässig; dabei sind die Arzneimittel für jeden Empfänger getrennt zu verpacken und jeweils mit dessen Namen und Anschrift zu versehen. Bei Zustellung durch Boten ist dafür Sorge zu tragen, dass die Arzneimittel dem Empfänger in zuverlässiger Weise ausgeliefert werden. Sofern eine Beratung in der Apotheke nicht bereits vorgenommen wurde, muss die Beratung durch das pharmazeutische Personal der Apotheke in unmittelbarem Zusammenhang mit der Auslieferung erfolgen.“
Eine Lockerung der Bestimmung und eine Erweiterung des Botendienstes zur Regelleistung über die ApBetrO komme für die Kammer nicht in Betracht, so Gebert. Dadurch steige nur der Druck auf die Apotheker, Botendienste vermehrt unentgeltlich anzubieten. In der Praxis könne der Arzt laut Gebert entweder beim Hausbesuch das Rezept beim Patienten lassen oder bei der Verordnung ein neu zu schaffendes Feld „Botendienst“ auf dem Rezept ankreuzen.
Zuletzt wollte Ex-Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) den Botendienst der Apotheken im Zusammenhang mit dem Gesetz zum Rx-Versandverbot modifizieren. Ein Botendienst sollte danach grundsätzlich zulässig sein, wenn der Patient nicht selbst in die Apotheke kommen könne: „Dies insbesondere kann der Fall sein bei krankheits- oder altersbedingten Mobilitätseinschränkungen und gleichzeitig fehlender Unterstützung aus dem sozialen Umfeld“, hieß es in der Begründung und weiter: „Mit diesen Regelungen soll sichergestellt werden, dass im Bedarfsfall die Patientinnen und Patienten im Wege der Zustellung durch Apothekenpersonal mit dem benötigten Arzneimittel versorgt werden und insoweit keine rechtlichen Unklarheiten mehr bestehen.“ In die Apothekenbetriebsordnung wollte Gröhe einen neuen § 11c einführen: „Eine Zustellung von Arzneimitteln durch Personal der Apotheke ist unter den in der Verordnung nach § 21 geregelten Voraussetzungen zulässig.“ Doch dazu kam es nicht.