Gesundheitsreform

Kabinett kritisiert Präventionsgesetz dpa, 28.12.2007 14:52 Uhr

Berlin - 

Das Präventionsgesetz von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) stößt im Bundeskabinett auf deutliche Vorbehalte. Frankfurter Allgemeine Zeitung und Berliner Zeitung berichten, dass bei der Ressortabstimmung sowohl aus unions- als auch aus SPD-geführten Häusern Kritik kam - bis hin zu dem Vorwurf, der Entwurf sei verfassungswidrig. Eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums Ministerium sagte dazu am Freitag, die zitierten Stellung nahmen seien „Wochen alt“, im übrigen seien die meisten Punkte ausgeräumt. Die Gesundheitsministerin halte weiter an ihrem Präventionsgesetz fest, zumal es auch ein „Baustein für mehr Kinderschutz“ sei.

Schmidts Entwurf sieht unter anderem vor, 350 Millionen Euro bei allen Sozialversicherungen und der privaten Krankenversicherung für die Gesundheitsvorsorge einzusammeln. Das Geld soll von einem nationalen und 16 Länder-Präventionsräten verwaltet werden.

Das Verbraucherministerium gab daraufhin in einer Stellungnahme zu bedenken, dass ein Großteil des Geldes von der Verwaltung der neuen Gremien verschlungen werden könnte. Der Aufbau neuer Verwaltungseinheiten widerspreche grundsätzlich der Zielsetzung der großen Koalition von CDU/CSU und SPD, Bürokratie abzubauen. Das Wirtschaftsministerium gab zu bedenken, nach der Finanzverfassung des Grundgesetzes dürften Länder und Kommunen ihre Aufgaben „nicht mit Hilfe von Beiträgen aus der Sozialversicherung finanzieren“. Die mit dem Gesetzentwurf beabsichtigte weitgehende Finanzierung der Präventionsmaßnahmen aus Beitragsmitteln der Sozialversicherung sei insofern nicht sachgerecht und werde abgelehnt.

Das SPD-geführte Justizministerium verlangt eine „umfassende Überarbeitung und Ergänzung sowohl der vorgesehenen Regelungen als auch der Begründung“. Verfassungsrechtliche Bedenken klingen in der Stellungnahme an mehreren Punkten an. Unter anderem gebe es solche Bedenken bei einer „Einbeziehung der privaten Krankenkassen“. Vom Innenministerium hieß es, die gewählte Konstruktion der Prävention berge erhebliche rechtliche Schwierigkeiten. Innen- wie Justizressort sehen den Angaben zufolge in den 16 Länder-Präventionsräten einen möglichen Verstoß gegen das Grundgesetz-Verbot der Mischverwaltung. Beide Ressorts stellen zudem fest, eine umfassende Gesundheitsprävention zähle nicht ohne Weiteres zu den Zwecken der Unfall- und Rentenversicherung.

Gesundheitsministerin Schmidt hatte Anfang der Woche das Vorhaben gegen die Unions-Kritik verteidigt. Es ergänze die Maßnahmen, auf die sich Bundesregierung und Ministerpräsidenten nach den jüngsten Fällen von Gewalt gegen Kinder vor kurzem verständigt hätten. Beide Seiten hätten verabredet, das System der Vorsorgeuntersuchungen auszubauen. Das Netz zwischen Kinderärzten, Hebammen, Jugendämtern und Polizei soll dichter geknüpft werden, damit Risiken früher erkannt werden können.

Das geplante Präventionsgesetz zielt vor allem darauf, ungesunden Lebensweisen - etwa durch schlechte Ernährung, zu wenig Bewegung, Stress oder Suchtmittel - entgegenzuwirken. Schmidt argumentierte, damit würden viele Projekte unterstützt, die in Verbindung mit Krankenkassen, Sportvereinen, Schulen, Unternehmen und engagierten Medizinern stünden.