Deutschland soll nach Plänen der Bundesregierung als Standort für die Entwicklung und Produktion von Arzneimitteln attraktiver werden. Darauf zielt ein Gesetzentwurf von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) ab, den das Kabinett heute auf den Weg gebracht hat. Demnach sollen Genehmigungen von Prüfungen und Zulassungsverfahren von Arzneimitteln beschleunigt und vereinfacht werden. Dies komme auch direkt den Patientinnen und Patienten in Deutschland zugute, die von neuen Therapien profitieren könnten, sagte Lauterbach. Die Kritik an den geheimen Preisen reißt derweil nicht ab.
Vorgesehen sind unter anderem Vereinfachungen bei klinischen Prüfungen. Damit werden Wirksamkeit, Sicherheit und Verträglichkeit von Substanzen nachgewiesen, bevor sie zugelassen werden und auf den Markt kommen. Solche Prüfungen haben auch ethische und rechtliche Vorgaben, um Teilnehmerinnen und Teilnehmer von Studien zu schützen, wie das bundeseigene Paul-Ehrlich-Institut (PEI) grundsätzlich erläutert.
Lauterbach will Deutschland aber nicht nur als Forschungsstandort attraktiver machen, sondern auch als Absatzmarkt. Die Gesetzespläne sehen daher eine Möglichkeit für Pharmafirmen vor, „vertrauliche Erstattungsbeträge“ bei neuen Arzneimitteln zu vereinbaren. Dabei geht es vor allem darum, den Abfluss von Ware zu erschweren: In Zukunft werden die Präparate zu einem fiktiven Preis verkauft, den die Hersteller dann erst im Nachhinein gegenüber den Kassen ausgleichen. Die Preisdifferenz wird dadurch ausgehebelt, ein Weiterverkauf also faktisch verhindert.
Der Großhandelsverband Phagro kritisiert, dass die im Gesetz vorgesehenen vertraulichen Erstattungsbeträge für Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen zu höheren Kosten für den vollversorgenden Pharmagroßhandel führen würden. „Im Interesse der Patientinnen und Patienten, für die der vollversorgende Großhandel die flächendeckende und bedarfsgerechte Arzneimittelversorgung sicherstellt, brauchen wir im Fall einer Einführung vertraulicher Erstattungsbeträge dringend einen Ausgleich der Mehrbelastungen“, so Verbandschef Marcus Freitag.
Hersteller halten den Preis demnach geheim und müssen ihn nur den Anspruchsberechtigten mitteilen und die Differenz zum tatsächlich gezahlten Preis erstatten. „Diese Pläne würden eine zusätzliche Belastung des pharmazeutischen Großhandels beim Einkauf dieser Arzneimittel bedeuten. Denn höhere Arzneimittelpreise führen zu höheren Fremdkapitalkosten für den Einkauf und die Beschaffung von Arzneimitteln.“
Besonders hoch sei die Mehrbelastung bei Hochpreisern. „An den Plänen für das Medizinforschungsgesetz zeigt sich einmal mehr, wie anpassungsbedürftig die Arzneimittelpreisverordnung ist. Wie auch immer man zu der Idee vertraulicher Erstattungsbeträge steht – ohne eine gesetzliche Änderung werden die dadurch entstehenden Mehrkosten dem Pharmagroßhandel aufgebürdet“, betont Freitag.
Der GKV-Spitzenverband warnte, Geheimpreise eröffneten Unternehmen Spielräume für eine intransparente Gestaltung und trieben die Kosten nach oben. „Dabei reden wir nicht von Millionen, sondern von vielen Milliarden Euro jedes Jahr an Mehrkosten für die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler ohne Mehrwert für die Versorgung.“ Der PKV-Verband kritisierte, die Regelung diene ausschließlich dem Interesse der Pharmakonzerne, um außerhalb Deutschlands einen Preisvorteil zu bekommen.
Der Entwurf sieht auch Vereinfachungen bei den Verfahren für forschungsbedingte Strahlenanwendungen vor, wie die zuständige Umweltministerin Steffi Lemke sagte. Dabei blieben hohe ethische und wissenschaftliche Standards gewahrt und ein wirksamer Strahlenschutz erhalten, sagte die Grünen-Politikerin.
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