Für Armin Laschet und Markus Söder sind es gerade die wahrscheinlich wichtigsten Tage ihrer politischen Karriere: Nachdem sich am Sonntag beide erklärt haben, für die Kanzlerschaft zu kandidieren, müssen sich CDU und CSU nun auf einen gemeinsamen Kandidaten einigen. Das CDU-Präsidium hat nun eine erste Entscheidung getroffen – ein offizieller Beschluss ist es allerdings noch nicht.
Die Unionsparteien müssen in diesen Stunden und Tagen eine schwere Entscheidung treffen. Sowohl Söder als auch Laschet wollen Kanzler werden. Dem bayerischen Ministerpräsidenten werden dabei – Stand jetzt! – von den meisten Beobachtern die besseren Chancen an der Wahlurne vorausgesagt. Denn die Meinungsumfragen sind bisher eindeutig: So gaben Ende März im ARD-Deutschland-Trend 54 Prozent der Befragten an, dass sie Söder für einen guten Kanzlerkandidaten halten würden, 35 Prozent sagten das Gegenteil. Laschet ist weit abgeschlagen: Ihn würden gerade einmal 19 Prozent als einen guten Kandidaten sehen, mit 67 Prozent sagten mehr als zwei Drittel, dass er das nicht wäre. Beim Wahlvolk sieht es ähnlich aus, hier erhält Söder 79 Prozent Zustimmung bei 14 Prozent Ablehnung, Laschet hingegen nur 29 zu 59 Prozent.
Söder ist in der Bevölkerung also weitaus beliebter, doch so einfach funktioniert das politische Räderwerk nicht. Letztlich sind es die beiden Schwesterparteien, die die Kandidatenwahl treffen. Und da sehen die Mehrheitsverhältnisse anders aus. Laschet hält damit nicht hinterm Berg: „15 Landesverbände der CDU, dann die CSU in Bayern, das muss man zusammenführen“, zitiert die Bild-Zeitung ihn am Montagvormittag. Für die CDU ist das auch eine Frage der Stabilität: Zu frisch sind noch die Erinnerungen an die schwierige Kandidatenkür – und an das Scheitern von Annegret Kramp-Karrenbauer als Vorsitzende. Wenn die CDU nach dem nahen Ende der Ära von Angela Merkel eines gebrauchen kann, dann Stabilität. Und trotz Merkels Verzicht auf den Parteivorsitz gilt weiter das Mantra: Kanzlerschaft und Parteivorsitz gehören in eine Hand. Sollte Laschet es nicht schaffen, Kanzlerkandidat zu werden, dürfte er schwerlich zu halten sein. Die Folge: parteiinternes Chaos im Wahljahr, die dem Wahlergebnis mehr schaden könnte als seine Kandidatur – so zumindest die Befürchtung vieler Unionsleute.
Kontinuität ist deshalb das Zauberwort – und das gilt auch für Laschets Politikstil, der nicht umsonst als eine Fortsetzung der Merkel‘schen Führungsweise beschrieben wird. Wie die Kanzlerin gilt er als Moderator und Integrationsfigur. Beides Rollen, die Söder eher nicht zugesprochen werden. Der wiederum würde eine zukünftige Bundesregierung als Mitglied des kleinsten Koalitionspartners führen – was eher ebendiese Qualitäten verlangen würde, die überwiegend Laschet zugesprochen werden.
Am Sonnntagabend, also direkt nach Bekanntgabe von Söders Bereitschaft zur Kandidatur, hatte Laschet begonnen, in einer Nachtsitzung mit mehreren CDU-Granden – darunter Bundesgesundheitsminister Jens Spahn – die Fäden zu ziehen. Kurz nach Mitternacht schien man sich geeinigt zu haben. Und Laschet zeigte sich laut Bild-Zeitung zuversichtlich: Er „gehe davon aus“, dass sich das CDU-Präsidium für ihn entscheide. Er behielt recht: Am Montagvormittag bestätigte der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier übereinstimmenden Medienberichten zufolge, dass sich das Präsidium mit großer Mehrheit für Laschet ausgesprochen hat.
Es habe deutlich gemacht, dass es Laschet „für außergewöhnlich geeignet halte“ und ihn gebeten, „mit Markus Söder jetzt gemeinsam den weiteren Weg zu besprechen, wie wir das machen“. Nahezu alle Präsidiumsmitglieder hätten sich zu Wort gemeldet und betont, dass die derzeitigen Umfrageergebnisse die Entscheidung nicht bestimmen sollten. Die Argumente waren dieselben: Laschet sei in der Lage, „Meinungen zusammenzuführen, Haltung zu entwickeln und diese auch durchgehend zu vertreten, werden Teilnehmer zitiert – auch das ein kaum verhohlener Seitenhieb auf Söder.
Allerdings: Schon am Sonntagabend hatte Laschet betont, es handele sich bei der Abstimmung des Präsidiums nicht um einen Beschluss. Dass die nun gefasste „Empfehlung“ mehr als nur ein unverbindliches Stimmungsbild ist, ist allerdings auch jedem klar. Wie geht es also weiter? Noch am Montagnachmittag wird erwartet, dass die CSU in einer Gremiensitzung eine Entscheidung fällt, ob sie Söders Kandidatur weiter vorantreiben will. Tut sie das, könnte die derzeitige demonstrative Harmonie schnell ein Ende finden. Dann müssten die Schwesterparteien unterschiedliche Interessenlagen irgendwie zusammenführen, ohne sich im Superwahljahr öffentlich zu zerlegen.
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