In der Sommerloch-Diskussion um die Kanzlerkandidatur mischen jetzt auch noch die Meinungsforscher aus Allensbach mit. Mehr als 500 Führungskräfte aus Wirtschaft, Verwaltung und Politik haben ihr Votum über die Bundespolitik abgegeben und zwei Botschaften platziert: Viel positiver als in früheren Krisen beurteilen Deutschlands Führungskräfte die Arbeit der Politik in der Corona-Krise. Und sie geben Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) noch bessere Noten als Bayerns Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU). NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) ist bei den Führungskräften weit abgeschlagen.
Am Wochenende kochten die Medien erneut die ungelöste K-Frage der Union auf heißer Flamme. Wer soll Angela Merkel im Kanzleramt beerben? Wer hat die besten Aussichten, für die Union die meisten Stimmen bei der Bundestagswahl 2021 zu holen. CDU-Gesundheitspolitiker Michael Hennrich hatte bereits vor Wochen im Gespräch mit APOTHEKE ADOC Spahn zu seinem persönlichen Favoriten erklärt. Inzwischen haben sich mehrere CDU-Politiker aus Baden-Württemberg dieser Meinung öffentlich angeschlossen. Mehr noch: In der CDU wachsen die Zweifel an NRW-Ministerpräsident Laschet, der für viele als erste Wahl galt – auch weil er dem mitgliederstärksten Landesverband NRW vorsteht, der auf CDU-Parteitagen rund ein Drittel der Delegierten stellt.
Inzwischen gilt Laschet jedoch selbst bei seinen Fans als angeschlagen. Und es macht sich die Sorge breit, dass am Ende davon Friedrich Merz und das konservative Lager der Union profitieren und die Wahl zum neuen CDU-Vorsitzenden für sich entscheiden könnten. Daher trommeln jetzt die Merz-Gegner für Spahn. Es könne und dürfe nicht sein, dass Laschets Schwäche den Ausschlag gebe für das Merz-Lager, heißt es dort. Daher werden die Stimmen lauter, die Spahn auffordern, nicht als Laschets Vize, sondern selbst für den CDU-Parteivorsitz zu kandidieren.
Neue Argumente dafür liefert jetzt die Allensbach-Umfage. 90 Prozent der über 500 Führungskräfte loben die Arbeit der großen Koalition in der Corona-Krise. War die Bundesregierung vor Ausbruch der Pandemie jahrelang als „zu schwach“ beurteilt worden, gibt es in deutschen Chefetagen nun kaum noch Zweifel an ihrer Handlungsstärke. Das zeigt das aktuelle Allensbach-Elite-Panel unter anderem für die FAZ. Das Ergebnis verwundert selbst die erfahrene Allensbach-Chefin Renate Köcher. „Ich kann mich in Jahrzehnten nicht an eine solche Zustimmung zur Regierung erinnern“, zitiert sie die FAZ. Selbst in der Finanzkrise 2008 habe die Regierung nicht derart hohe Werte bekommen.
Weitgehend einig sind sich die Eliten darin, dass die zum Schutz der Gesundheit im März getroffenen starken Einschränkungen des Alltags und des Wirtschaftslebens richtig waren. Von dieser Bewertung profitieren die wichtigsten politischen Akteure der Corona-Krise aber nicht gleichermaßen. Das könnte mit Blick auf die Bundestagswahl bedeutsam werden. Die höchsten Zustimmungswerte erhält danach Kanzlerin Angela Merkel, die 2020 nicht wieder antritt. Aus dem Spektrum möglicher Kanzlerkandidaten der Union ragen Gesundheitsminister Spahn und CSU-Chef Söder hervor, deren Arbeit in der Corona-Krise mit 81 beziehungsweise 79 der Befragten überzeugt. Abgeschlagen mit 34 Prozent Zustimmung landet hingegen Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet, der sich im November um den CDU-Vorsitz bewirbt. Mit seiner Leistung sind nur 30 Prozent zufrieden. Allensbach-Chefin Köcher findet das etwas unfair, von den Fakten sei das nicht gedeckt. Bayern schlage sich in der Corona-Krise nicht besser als Nordrhein-Westfalen, schreibt die FAZ.
Auf SPD-Seite erntet Vizekanzler und Finanzminister Olaf Scholz hohe Anerkennung mit 82 Prozent. Ob der Zuspruch der Eliten seinen Ambitionen auf die Kandidatur hilft, sei fraglich, so die FAZ. Die beiden SPD-Vorsitzenden wollten die Partei bekanntlich nach links rücken, um sich im Wahlkampf schärfer abzugrenzen von der Union.
In den Augen der Mehrheit der Befragten konzentriert sich die Politik nicht zu einseitig auf den Kampf gegen die Pandemie. Auch den großen Einfluss der Virologen auf die Entscheidungen halten mehr als zwei Drittel für angemessen. Und obwohl die Infektionszahlen zum Zeitpunkt der Umfrage Anfang Juli schon stark gesunken waren, fordert selbst aus den Unternehmen nur eine Minderheit, die restlichen Einschränkungen im Alltag, etwa die Maskenpflicht, schnell aufzuheben.
Meinungsforscherin Köcher ist überrascht: „Das konnte ich gar nicht fassen“, so Köcher zur FAZ. Offenbar habe sich selbst die Wirtschaft – wie die Bevölkerung – eingerichtet im derzeitigen Zustand verringerter Aktivität und begrenzter Mobilität. Die Maskenpflicht möchten 70 Prozent ihrer Befürworter sogar so lange beibehalten, bis ein Impfstoff gegen das Virus gefunden ist. Auch einer Impfpflicht, einem politisch heißen Eisen, können viele Entscheider in der Wirtschaft etwas abgewinnen: Zwei von drei wären dafür.
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