Kontrazeptiva, die eigentlich nur zur Empfängnisverhütung zugelassen sind, können nach der Sächsischen Beihilfeverordnung auch dann beihilfefähig sein, wenn sie aus Anlass einer Krankheit verordnet werden. Das hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Leipzig entschieden.
Die 1964 geborene Patientin leidet an einem Uterusmyom mit Hypermenorrhoe, das mit Empfängnisverhütungsmitteln behandelt wurde, die den Wirkstoff Desogestrel enthalten. Unter der Therapie konnten das Myomwachstum gehemmt, die Blutungen auf ein Minimum reduziert und eine alternativ in Betracht zu ziehende Entfernung der Gebärmutter vermieden werden.
Der Freistaat gewährte zunächst Beihilfe, lehnte dies aber 2014 für das neu verordnete Präparat Jubrele mit der Begründung ab, das Arzneimittel sei nur zur Empfängnisverhütung zugelassen und nicht zur Therapie der Krankheit. Kontrazeptiva würden außerdem auch von Gesunden verwendet und seien daher der allgemeinen Lebenshaltung zuzurechnen.
Die Klage der Patientin hatte in beiden Vorinstanzen Erfolg. Das BVerwG wies die Revision zurück. Entgegen der Ansicht des Freistaats scheitere der Beihilfeanspruch nicht daran, dass nach der Beihilfeverordnung Aufwendungen für ärztlich verordnete Arzneimittel nur beihilfefähig sind, wenn diese bestimmt sind, durch Einwirkung auf den menschlichen Körper der Heilung oder Linderung einer Erkrankung zu dienen.
Diese Zweckbestimmung könne im Einzelfall auch der verordnende Arzt auf der Grundlage seiner fachlichen Bewertung unabhängig von der arzneimittelrechtlichen Zulassung treffen. Kontrazeptiva seien auch nicht deshalb von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen, weil sie entsprechend einem beihilferechtlichen Ausschlussgrund der allgemeinen Lebenshaltung zuzurechnen sind: Nach einer diesem Ausschlussgrund vorgehenden Sonderregelung in der Beihilfeverordnung könnten empfängnisverhütende Arzneimittel unabhängig vom Alter der Beihilfeberechtigten beihilfefähig sein, wenn sie aus Anlass einer Krankheit verordnet werden.
Auch die nach der Beihilfeverordnung weiterhin erforderliche medizinische Notwendigkeit der Behandlung mit dem Arzneimittel Jubrele war nach den Feststellungen der Vorinstanz gegeben. Das BVerwG hat festgestellt, dass die Wirkungsweise und der Einsatz des Arzneimittels zu der konkreten Krankheitsbehandlung wissenschaftlichen Erkenntnissen entspreche und damit der therapeutische Nutzen erwiesen sei.
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