Krankenversicherung

Jobcenter zahlt PKV-Beiträge dpa, 19.01.2011 10:51 Uhr

Berlin - 

Die Jobcenter müssen Beiträge für privat krankenversicherte Hartz-IV-Empfänger in voller Höhe übernehmen. Dies entschied das Bundessozialgericht (BSG) und verpflichtete damit das Saarbrücker Jobcenter, einem hilfsbedürftig gewordenen Rechtsanwalt den Beitrag in Höhe von monatlich 207,39 Euro zu bezahlen. Ihm waren bisher nur 129,54 Euro erstattet worden. Den Rest musste er aus der Grundsicherung selbst aufbringen.

Dies akzeptierte das Gericht nicht. Den Beitrag müsse das Saarbrücker Jobcenter übernehmen, da sonst das „verfassungsrechtlich garantierte Existenzminimum privat versicherter SGB-II- Leistungsempfänger betroffen“ wäre, urteilten die Bundesrichter. „Hieraus ergibt sich eine Verpflichtung des Beklagten zur Übernahme der Beiträge in voller Höhe.“

Dem Bund drohen damit zusätzliche Ausgaben in Millionenhöhe. Nach Erhebungen der Bundesregierung sind rund 32.000 Hilfeempfänger privat krankenversichert. Es handelt sich meist um ehemals Selbstständige. Sie können seit dem 1. Januar 2009 nicht mehr in eine Krankenkasse wechseln. Das Gericht bemängelte an dieser Stelle eine Regelungslücke im Gesetz.

Die Privatversicherungen sind nach geltendem Rechtsstand verpflichtet, den Beitrag für einen Hartz-IV-Empfänger zu halbieren. Vom verbliebenen Betrag übernehmen die Jobcenter ungefähr den Betrag, den sie auch für Langzeitarbeitslose für die - deutlich günstigeren - Krankenkassen bezahlen müssen. Damit blieben privatversicherte Hartz-IV-Empfänger auf dem ungedeckten Rest sitzen.

Das Bundesarbeitsministerium begrüßte das Urteil: „Es ist gut, dass es nun Rechtssicherheit für die Betroffenen gibt.“ Diese könnten in ihrer privaten Krankenversicherung bleiben, „ohne sich dafür verschulden zu müssen“. Auch der PKV-Verband äußerte sich positiv: Es gebe nun „endlich Klarheit zugunsten der Hilfebedürftigen“. Zu ihrem verfassungsrechtlich garantierten Existenzminimum gehöre auch ein angemessener Krankenversicherungsschutz. Deshalb müssten die Sozialbehörden bei Privatversicherten „die dazu nötigen Beiträge übernehmen“.

Der GKV-Spitzenverband nahm das Urteil zum Anlass, höhere Beiträge für gesetzlich Versicherte Hartz-IV-Empfänger zu fordern. „Es kann nicht sein, dass die Jobcenter für Versicherte der gewinnorientierten privaten Krankenversicherung deutlich mehr zahlen als für Menschen, die in einer gesetzlichen Krankenkasse sind“, sagte Verbandschefin Dr. Doris Pfeiffer. Sie verwies darauf, dass die Kassen pro Mitglied im Monat rund 278 Euro im Schnitt aufwenden. Für Hartz-IV-Empfänger erhielten sie aber nur 131,34 Euro von den Jobcentern.