Jede vierte Apotheke: Nur der Chef als Approbierter Lilith Teusch, 06.05.2024 10:34 Uhr
Als „gar nicht rosig“ beschreibt Kammerpräsent Jens Dobbert die Lage der Apotheken in Brandenburg. In 127 der rund 540 Apotheken im Bundesland arbeitet die Inhaberin beziehungsweise der Inhaber als einzige approbierte Fachkraft. Außerdem sind in etwa derselben Anzahl die Selbstständigen bereits über 60 Jahre alt und damit nahe am Renteneintrittsalter. Ohne Nachwuchs wird das nicht lange gut gehen.
Wenn nur noch der Inhaber oder die Inhaberin eine Approbation hat, fehlt bei Krankheit oder Urlauben die Vertretung. Das betrifft derzeit knapp jede vierte Apotheke in Brandenburg. Es ist aber auch niemand da, der die Apotheke übernimmt, wenn sich der Chef oder die Chefin in die Rente verabschieden will oder muss. Stattdessen muss die Apotheke geschlossen werden. Je nach Region kann das gravierende Folgen für die Versorgungsdichte haben. Auch für Betriebe, bei denen es zurzeit noch gut aussieht, kann es zukünftig zu Problemen kommen, wenn die Approbierten fehlen.
Berit Günther aus der Havelstadt Brandenburg hat noch keine Personalprobleme: „Ich hab alles dabei. Die Ältesten im Team sind knapp 63, die Jüngsten etwa 20. Und das ist super so.“ Schließlich könnten beide Seiten bestens voneinander profitieren. Das Problem liegt aber auch hier in der ehemaligen DDR-Besonderheit der Pharmazieingenieur:innen: Wenn die beiden älteren Teammitglieder in wenigen Jahren wegbrechen, fehlen auch Günther nicht nur zwei tolle Fachkräfte, sondern auch zwei mögliche Vertretungen. „Das Problem sind nicht fehlende PTA, sondern die Apotheker und Apothekerinnen, die fehlen.“
500 Apotheken in einem Jahr
Allein im letzten Jahr haben Deutschlandweit mehr als 500 Apotheken für immer ihre Türen schließen müssen. „Das ist etwa die Zahl, die zum Beispiel Thüringen insgesamt an Apotheken hat. Die Struktur eines ganzen Bundeslandes ist in einem Jahr weggebrochen“, verdeutlicht Dobbert die Lage. In Brandenburg war die Situation lange stabil, doch seit einigen Jahren geht es auch hier bergab: 2023 gingen neun Apotheken vom Netz, nachdem es im Jahr zuvor schon zehn Schließungen gegeben hatte. Bis dahin weist die Statistik nur vereinzelte Rückgänge auf, teilweise nahm die Zahl sogar zu. Im ersten Quartal dagegen fehlen schon wieder vier Apotheken.
Kampf um Studiengang
Laut Dobbert kann nur eins helfen: Der Nachwuchs muss gefördert werden. Seit 2012 – also seit zwölf Jahren – setzt sich die Kammer bereits dafür ein, endlich auch in Brandenburg einen Pharmaziestudiengang zu etablieren. Bislang kann man im Land nämlich überhaupt noch nicht studieren. Die Verantwortung hierfür trägt das Land, das nur im Bereich Medizin aktiv geworden ist. Er bekomme stets zu hören: Für einen Studiengang sei kein Geld da.
Ausbildungsvergütung für PTA
Immerhin eine PTA-Schule gibt es in Brandenburg, mit etwa 24 Plätzen. Doch die zu besetzten wird laut Dobbert auch immer mehr zur Herausforderung. Für die Ausbildung müsste es endlich, wie zum Beispiel in der Pflege üblich, eine feste Ausbildungsvergütung geben. Damit, so die Hoffnung, könnte die Ausbildung etwas attraktiver gemacht werden. Immerhin wäre so fehlende Absicherung zum Beispiel, weil die Eltern sie nicht fördern können, kein sofortiges Ausschlusskriterium für die PTA-Ausbildung.
Viele umsatzschwache Apotheken
Neben der Überalterung ist auch die immer noch angespannte wirtschaftliche Situation ein großes Problem. „124 Apotheken in Brandenburg machen einen Umsatz von unter zwei Millionen Euro im Jahr. Man sagt, dass eine Apotheke sich etwa ab drei Millionen Euro trägt“, so Dobbert.
Mehr dazu verdienen zum Beispiel durch pDL hält Dobbert grundsätzlich für eine „gute Sache“, faktisch fehle aber gerade den kleinen Apotheken schlichtweg das Personal dazu. Die Vergütung für Apotheken müsse angepasst werden.