Zweifel am Apothekenprotesttag

„Je weiter die Anreise, desto schwieriger die Motivation“

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Berlin -

Am 15. November sollen in der Region West die Apotheken geschlossen bleiben und die Teams sich in Dortmund zur zentralen Kundgebung versammeln. Vor allem in Hessen ist nach den erfolgreichen Kundgebungen in Wiesbaden und Frankfurt das Interesse gering, den weiten Weg auf sich zu nehmen. „Je weiter die Anreise, desto schwieriger ist es, die Kolleg:innen zu motivieren“, sagt Apothekerin Anke Kunzendorf, Inhaberin der Glauburg Apotheke.

„Wir werden auf jeden Fall nach Dortmund fahren“, sagt Kunzendorf. „Aber es werden definitiv nicht so viele Kolleg:innen sein, wie wenn die Kundgebung in der Nähe wäre.“ Bis Dortmund braucht das Team drei Stunden mit dem Auto. „Bis Wiesbaden wären es nur 1,5 Stunden.“ Und: Dezentrale Veranstaltungen wären gut.“

Sechs Stunden Anreise

Dass der Hessische Apothekerverband (HAV) kostenlose Busse organisiert, sei eine „tolle Idee“. Es gebe nur einen Haken: Das Team sei den ganzen Tag unterwegs. „Allein die Anreise dauert rund sechs Stunden. Das kann ich meinem Team nicht zumuten.“

Kunzendorf steht im engen Austausch mit den Kolleg:innen. „Einige haben nur den Kopf geschüttelt und fahren nicht nach Dortmund. In Frankfurt wären alle dabei.“ Hintergrund für die Veranstaltung in Dortmund ist, dass die Abda das Bundesgebiet für ihren Protestmonat in vier Regionen aufgeteilt und die zentrale Kundgebung zur Vorgabe gemacht hat. Und da beim Protesttag im Juni der Apothekerverband Nordrhein (AVNR) die Organisation übernommen hatte, war diesmal der Apothekerverband Westfalen-Lippe (AVWL) an der Reihe.

Wenig Hoffnung auf Erfolg

Aber nicht nur der weite Weg ist laut Kunzendorf ein Grund für Kolleginnen und Kollegen, nicht zur Kundgebung zu fahren. Auch die Sinnhaftigkeit und die Aussicht auf wenig Erfolg der Protestaktion seien Ursachen für die mangelnde Bereitschaft. „Ich habe wenig Hoffnung, dass die Proteste irgendetwas bewirken, sondern nur an der Politik abprallen.“

Dennoch: „Irgendetwas müssen wir ja tun“, so Kunzendorf. „Der 14. Juni ging durch alle Medien. Ein Streiktag deutschlandweit kann medial mehr bewirken.“ Hinzukommt der Mittwoch als Protesttag: „Mittwoch ist ein halber Tag, da kann ich nicht alle motivieren und auch verstehen, wenn die Kolleg:innen absagen. Während der Arbeitszeit kann ich sagen: Wer arbeitet, kommt mit. Außerhalb der Arbeitszeit nicht. Noch haben die Angestellten keinen Druck.“ Das Team der Inhaberin ist aber motiviert. „Es wollen alle mit.“

Dass es einfacher wäre, die Kolleg:innen in Hessen zur Kundgebung zu motivieren, wenn diese in Frankfurt oder Wiesbaden wäre, glaubt auch Apothekerin Cordula Eichhorn, Inhaberin der Rathaus Apotheke in Eppstein. „Wir fahren nach Dortmund. Ich kann nicht verstehen, dass sich Kolleg:innen dagegen stellen. Niemand kann sich einen Ausfalltag leisten. Aber wenn wir nichts tun, sind irgendwann alle insolvent.“ Auch Eichhorn hält einen längeren Streik für wirkungsvoller. „Wir haben kaum Druckmittel.“

Auch wenn der Protestmonat schon in drei Wochen in Hannover startet: Noch sind die Planungen im Anfangsstadium. Der AVWL will sich zeitnah mit den anderen Verbänden seiner Region zusammenschalten. Dann sollen Ablauf und Programm ausgearbeitet werden. Und auch die Uhrzeit bekannt gemacht werden, wann und wo sich die Teams treffen sollen.

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