In Hessen wird am 22. September nicht nur ein neuer Bundes- sondern auch ein neuer Landtag gewählt. Die CDU Hessen hatte in ihrem Wahlprogramm mit dem Wort „Apothekerbus“ überrascht. Die FDP hingegen stellt den Apothekern Honorarerhöhungen in Aussicht. Dr. Peter Homann, Vorsitzender des Hessischen Apothekerverbandes (HAV), erklärt im Interview mit APOTHEKE ADHOC, warum er der FDP nicht glaubt und wie der Verband auf die rollenden Apotheken der CDU reagieren wird.
ADHOC: Die CDU Hessen fordert „Apothekerbusse“. Was halten Sie davon?
HOMANN: Der Vorschlag ist ein Irrsinn. Wir werden in den kommenden Wochen Gespräche mit den Landtagsabgeordneten der CDU suchen und deutlich machen, dass es sich dabei um unausgegorene und abenteuerliche Vorschläge handelt.
ADHOC: Eigentlich haben Sie zu Gesundheitsminister Stefan Grüttner (CDU) doch ein gutes Verhältnis. Was ist passiert?
HOMANN: Ich wundere mich schon, warum erfahrene Gesundheitspolitiker mit Durchblick auf solche Ideen kommen. Ich nehme an, dass die Idee auch mit dem Wahlprogramm der Bundes-CDU in Zusammenhang steht. Vielleicht denkt die CDU auch, dass der Vorschlag gut bei der Landbevölkerung ankommt. Anfang August werden wir zu Gesprächen mit Herrn Grüttner zusammenkommen.
ADHOC: Was spricht eigentlich gegen diesen Vorschlag?
HOMANN: Keiner redet von Arzneimittelsicherheit. In der Apotheke unternehmen wir die größten Anstrengungen, um einige Medikamente dauerhaft zu kühlen. Wie soll das in einem Bus möglich sein? Auch angesichts der Rabattverträge ist das unmöglich. Es wäre nicht machbar, alle Rabattarzneimittel in einem Bus zu transportieren. Und: Es gibt keinen Bedarf an Apothekenbussen. Im Moment besteht in keiner Region Deutschlands ein akuter Versorgungsengpass.
ADHOC: Aber die Apothekerverbände reden doch von einem Apothekensterben.
HOMANN: Die Versorgungssituation könnte sich ja auch langfristig ändern. Anstatt auf Apothekenbusse zu setzen, müsste man aber nach anderen Lösungen suchen. Es ist heute schon üblich, dass nicht mobile Kunden Medikamente bis an die Haustür geliefert bekommen. Der Botendienst könnte ausgeweitet werden und weitere Entfernungen zurücklegen.
ADHOC: Die FDP Hessen stellt den Apothekern ein höheres Honorar in Aussicht. Sollen die Apotheker jetzt doch FDP wählen?
HOMANN: Bei der FDP geht es derzeit ums Überleben. Die Ansage werte ich daher als Wahlkampfversprechen. Nach der Wahl muss auch die FDP den Realitäten wieder ins Auge blicken.
ADHOC: Die Liberalen wollen die Apotheker auch bürokratisch entlasten.
HOMANN: Die Überlegung, das System der Rabattverträge zu hinterfragen, halte ich für realistisch und sinnvoll. Es ist der falsche Weg, Einsparungen im Gesundheitssystem zu Lasten der Apotheker zu generieren.
ADHOC: Können solche Forderungen in den Ländern auf der Bundesebene überhaupt etwas bewegen?
HOMANN: Unsere Möglichkeiten hier auf Landesebene sind nicht zu unterschätzen. Aus meiner Sicht können die Landesapothekerverbände in Gesprächen mit ihren Landesregierungen mehr erreichen als Gespräche auf Bundesebene.
ADHOC: Warum?
HOMANN: In den Regionen besteht ein persönlicherer Zugang zu den Politikern. Häufig kennen Apotheker den für sie zuständigen Landtagsabgeordneten auch als Kunden. Es ist einfacher, den Politikern vor Ort die persönliche Betroffenheit verständlich zu machen. Oft werden Themen auf Bundesebene daher nicht so detailliert besprochen wie auf Landesebene. Es ist daher Aufgabe der LAVs, die Landesregierungen mit den nötigen Zahlen zur wirtschaftlichen Situation der Apotheken zu munitionieren.
ADHOC: Die CDU will auch die Notdienste von Ärzten und Apothekern besser abstimmen. Eine gute Idee?
HOMANN: Ich halte viel von einer besseren Abstimmung der Notdienste. Insbesondere das Notdienstsystem der Ärzte ist in Hessen suboptimal geregelt. Eine Zentrale in Frankfurt steuert die ärztlichen Notdienste, in den Regionen gibt es oft keinen persönlichen Ansprechpartner. Ich würde es daher begrüßen, wenn eine gemeinsame Gruppe zur Neugestaltung der Notdienste gebildet wird. Dort müsste natürlich die Kammer beteiligt werden.
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