Apothekeninsolvenz

„Der Kassenabschlag hat mich ruiniert“

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Berlin -

Kurz vor der Jahrtausendwende gründete Klaus Rabe die Raben-Apotheke im Kieler Vorort Kronshagen. Bereits seit 1983 gehörte ihm die Adler-Apotheke in einer Nebenstraße, die er wegen der Größe und Lage nun aufgab. Später kamen im Kieler Raum drei Filialen hinzu, doch vor drei Jahren ging er mit seinem Verbund in die Insolvenz. Nur seine Hauptapotheke durfte er behalten, doch auch damit ist Ende September Schluss: Nach 30 Jahren des Auf und Ab verabschiedet sich der ehemalige Vize des Apothekerverbandes Schleswig-Holstein in den Ruhestand.

Rabe sieht zwei wesentliche Gründe für seine wirtschaftlichen Probleme: den zunehmenden Mangel an geeignetem Personal und den von FDP-Gesundheitsminister Philipp Rösler verordneten Anstieg des Kassenabschlags auf 2,05 Euro. „Das war der Killer, des hat das Fass zum Überlaufen gebracht.“

Dabei hatte zunächst alles gut angefangen. Vor 13 Jahren übernahm Rabe neben seiner 1999 gegründeten Hauptapotheke nach und nach drei kleine Filialen im Kieler Umland – jeweils mit Umsätzen unter einer Million Euro. „Das hat zehn Jahre lang funktioniert“, so Rabe. Dann aber wurden die wirtschaftlichen Bedingungen vor allem mit dem Anstieg des Apothekenabschlags zunehmend problematisch.

Hinzu kamen immer wieder Personalprobleme: Im Kieler Stadtteil Gaarden mit hohem Ausländeranteil verließ ihn die türkische Filialleitung nach vier Wochen. Ihre Nachfolgerin bekam den Betrieb nicht in den Griff: „Der Umsatz sank innerhalb eines Jahres um die Hälfte“, so Rabe. Auch in den anderen Filialen machten dem Apotheker immer wieder Personalprobleme zu schaffen. „Mit zweieinhalb Apothekern kann man keine vier Apotheken betreiben.“ Solange seine Tochter – ebenfalls Apothekerin – noch im Betrieb mithalf, kam er über die Runden. Dann zog sie aus persönlichen Gründen nach Köln.

„Sie finden heute kaum noch geeignetes Personal“, klagt Rabe. Die meisten Apothekerinnen wollten zudem keine 40 Stunden wöchentlich arbeiten. „25 Stunden sind für viele die Grenze“, berichtet Rabe. Damit könne man aber keine Filiale leiten. Versucht hat es Rabe dann mit zwei Apothekerinnen, die sich die Filialleitung mit 25 beziehungsweise 10 Stunden teilten: „Das ging gar nicht.“

Auch der Wareneinsatz sei gemessen am Umsatz immer stärker gestiegen, berichtet Rabe. Zuletzt auf 80 Prozent. „Bei 18 Prozent sonstiger Kosten bleiben mir nur noch 2 Prozent vom Umsatz. Das ist zu wenig. Darum schließe ich jetzt meine Hauptapotheke“, so Rabe.

Mit verantwortlich für diese Entwicklung sieht Rabe auch die immer teureren neuen Arzneimittel. Rabe: „Mit 8,35 Euro Packungshonorar kann man keine Arzneimittel bewegen, die weit über 1000 Euro kosten. Geht mal etwas schief, wird man etwa retaxiert, ist der Großteil des Apothekengewinns futsch. Die Honorarumstellung von 2004 auf das Packungshonorar war ein schwerer Fehler“, findet Rabe.

Als weiteren Grund für seine Lage sieht Rabe die Abwanderung der Ärzte in die Stadt. In Kronshagen mit 12.000 Einwohnern gibt es immer weniger niedergelassene Mediziner: „Viele sind nach Kiel in Ärztehäuser gezogen.“ Damit fehlen Rezepte, die seine Apotheke dringend zum Überleben gebraucht hätte. „Das Geschäftsmodell mit umsatzschwachen Filialen hat sich überlebt“, zieht Rabe sein Resümee.

Mit einem blauen Auge ist Rabe aus Sache herausgekommen. Das Insolvenzverfahren ist abgeschlossen, er geht ohne Altlasten in den Ruhestand. Wirtschaftlich steht er jetzt wieder auf sicherem Grund. Nur einen Nachfolger hat er nicht. In zwei Monaten schließt er seine Apotheke für immer.

Mit der FDP hat er seinen Frieden noch nicht gemacht: „Ich bin unter Protest ausgetreten.“ Warum die Liberalen sich jetzt so von den Apothekern abwenden, kann Rabe nicht verstehen: „CDU und SPD haben doch auch ihr Klientel. Wer soll denn noch die FDP wählen, wenn sie keine Klientelpartei mehr sein will?“

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