Nutzenbewertung

BPI: Kassen schüchtern Ärzte ein

, Uhr
Berlin -

Die Pharmaindustrie ist kein Freund des AMNOG und hofft, beim Pharmadialog Nachbesserungen durchsetzen zu können. Denn Innovationen würden durch die frühe Nutzenbewertung gezielt ausgebremst, sagt Dr. Martin Zentgraf, Vorsitzender des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie (BPI).

Mit dem AMNOG hätten zwar die Preise gesenkt werden sollen; gleichzeitig hätte aber weder die Versorgung verschlechtert noch der Pharma-Standort gefährdet werden sollen. In diesen Punkten ist laut BPI aber das Gegenteil eingetreten: Seit das Gesetz in Kraft sei, gebe es immer mehr Marktrücknahmen, so Dr. Norbert Gerbsch, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des BPI.

Besonders betroffen seien Medikamente für chronisch Kranke, insbesondere zur Behandlung von Diabetes. Für entsprechende Präparate seien Studien zwar vorhanden, sie würden aber bei der Prüfung nicht immer akzeptiert.

Um sich einen Zusatznutzen bescheinigen zu lassen, müssten Hersteller „harte“ Endpunkte liefern. Diese treten bei chronisch Kranken jedoch erst nach vielen Jahren auf und bis dahin könne sogar der Patentschutz schon verwirkt sein. In diesen Bereichen seien Surrogatparameter besser zur Beurteilung geeignet, so Gerbsch.

Doch selbst wenn Hersteller am Markt blieben, seien die Produkte mit einem schlechten Image verbunden: Auch wenn ein hoher Zusatznutzen belegt sei, fürchteten die Ärzte Regressforderungen seitens der Kassen, so Zentgraf. Die Mediziner verschrieben aus diesem Grund lieber günstige, bewährte Präparate als die neuen, teureren Mittel. „Skandalös“ nennt Zentgraf die Situation. „Preis und Nachfrage werden gleichzeitig gedrückt.“

Der Patient erfahre natürlich nicht davon, dass er nicht optimal versorgt werde, so Zentgraf. Umfragen hätten gezeigt, dass dieser meist davon ausgehe, mit dem besten Präparat behandelt zu werden. Indem sie die Angst vor Regressforderungen schürten, griffen die Kassen in die Therapiefreiheit des Arztes ein, die eigentlich unantastbar sein sollte.

Die Kassen kümmere es wenig, dass mehr und mehr Arzneimittel vom Markt verschwänden. Es seien ohnehin nur Präparate ohne Zusatznutzen, so das Argument. Laut BPI ist das nicht korrekt: Häufig lasse sich der Vorteil eines neuen Präparates erst spät erkennen, doch dann sei es zu spät. Das Verhalten der Kassen führe daher zu einer Ausdünnung der Produktvielfalt am Markt.

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Mehr zum Thema
Krebspatient holt Rezept wieder ab
Jaypirca: Lilly lässt Apotheker hängen
Neues Gebäude für Antikörper-Wirkstoff-Konjugate
Söder: Spatenstich bei Daiichi Sankyo
Mehr aus Ressort
Apotheken als schnelle und leistungsstarke Akteure
Katastrophenschutz: SPD-Landrat für Apotheke vor Ort
Kliniksterben in westdeutschen Großstädten
Klinikreform: Was ändert sich jetzt?

APOTHEKE ADHOC Debatte