Zur Rose: E-Rezept in Bremen Julia Pradel, 15.03.2016 10:01 Uhr
Die Einführung eines elektronischen Rezepts hat Zur Rose sich schon länger auf die Fahnen geschrieben. Jetzt wird es konkret: Mit ihrem Projekt „eRx“ will sich die Versandapotheke um Gelder des Innovationsfonds bewerben. Der Zeitplan steht – Modellprojekte in Bremen und Bayern sind bereits geplant, 2019 soll des E-Rezept Eingang in die Regelversorgung finden. Mit dabei sind der Deutsche Hausärzteärzteverband (HÄV) und der Kassendienstleister GWQ.
Mit dem Innovationsfonds stehen bis 2019 jährlich 300 Millionen Euro zur Verfügung, mit denen der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) neue Versorgungsformen fördern soll. Auf diese Weise soll die Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) verbessert werden. Ein Förderschwerpunkt ist laut G-BA-Chef Josef Hecken die Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) – und an dieser Stelle bringt sich Zur Rose ins Spiel.
Für die Einführung des E-Rezeptes hat Zur Rose ein Netzwerk aufgebaut: Als technischer Dienstleister ist unter anderem der Softwarehersteller ClinPath dabei, mit dem im Schmerzzentrum Berlin bereits ein elektronisches Rezept getestet wurde. Mit der IT-Firma hat Zur Rose außerdem das Gemeinschaftsunternehmen Ehealth-Tec gegründet, das ebenfalls Projektpartner ist. Mit an Bord sind außerdem die Bundesdruckerei und die Firma Innovation Health Partners (IHP) des ehemaligen Gematik-Chefs Professor Dr. Arno Elmer.
Strategische Partner sind die Hausärzte, die sich seit Jahren gegen ein Medikationsmanagement in den Apotheken wehren. Sie sehen die Steuerung der Patienten bei sich, schon um sich gegenüber den Fachärzten zu profilieren. Außerdem geht es um die Vertragshoheit, die der HÄV der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) streitig machen will. Für das Vertragsmanagement ist der Kassendienstleister GWQ an Bord.
Der Zeitplan steht: Nach einem positiven Förderbescheid vom Innovationsausschuss könnte es schon im Herbst dieses Jahres mit einem Pilotprojekt in Bremen losgehen. Im zweiten Jahr ist eine Ausweitung der Pilotregionen auf Bayern gedacht.
Im Rahmen des Projekts soll keine Patientenregistrierung notwendig sein, die Daten sollen nicht zentral gespeichert werden. Ein intelligentes Statusverfahren soll Mehrfacheinlösungen der Rezepte verhindern. Dabei soll die qualifizierte elektronische Signatur (QES) zum Einsatz kommen. Die Kommunikation zwischen Arzt und Apotheker soll in verschlüsselter Form über eine zentrale Plattform laufen und dreifach abgesichert sein.
Schnittstellen zu den verschiedenen Apotheken- und Arztpraxissystemen sind laut Zur Rose bereits erarbeitet. „Arzt und Apotheker können somit in gewohnter Umgebung arbeiten“, heißt es bei der Versandapotheke. Die gesamte Strecke von Arzt über Patient bis Apotheke inklusive der Abrechnung seien bei dem Verfahren berücksichtigt. Patienten behielten die Wahl zwischen einem papierbasierten und einem elektronischen Rezept sowie die freie Apothekenwahl. Mindestens 300 Apotheken sollen daher nach früheren Plänen beteiligt werden.
Das E-Rezept kann die Arzneimittelversorgung aus Sicht von Zur Rose verbessern. Fehler in der Medikation würden vermieden und der Medikationsprozess vereinfacht, heißt es in einer Projektbeschreibung der Versandapotheke. Dort erwartet man zahlreiche Vorteile für Patienten, Ärzte, Krankenkassen und Apotheker.
Zunächst werde die Arzneimittelverordnung sicherer, denn bislang berge sie viel Potenzial für Fehler, unerwünschte Nebenwirkungen und Interaktionen, heißt es. Durch das elektronische Rezept würden Verschreibungsfehler reduziert und Dosierungsfehler reduziert. Unleserliche Schrift oder die Verwendung falscher Abkürzungen seien weitere Fehlerquellen, die wegfielen.
„Für Apotheken bedeutet dies eine Erleichterung der Medikamentenausgabe“, argumentiert Zur Rose. Die Rezepte seien eindeutiger und es komme zu weniger Dispensierungsfehlern. Zudem werde die Arzt-Apotheken-Kommunikation verbessert. „Der gesamte Prozess wird also sicherer“, erklärt die Versandapotheke. Und auch die AMTS werde positiv beeinflusst.
Insbesondere für chronisch kranke Patienten in ländlichen Regionen erwartet Zur Rose Vorteile. Das eRx helfe, die Kontinuität der medikamentösen Therapie sicherzustellen und ermögliche es den Versorgern außerdem, die Medikationshistorie der Patienten in die laufende Therapieauswahl einzubeziehen. Insgesamt erlaube das E-Rezept eine schnellere Abgabe der Medikamente. Der Patient müsse nicht so lange warten und ihm würden doppelte Wege zur Klärung der Verordnung oder zum Abholen bestellter Medikamente erspart.
Gegenüber den Ärzten hebt Zur Rose hervor, dass sich mit eRx Stapelsignaturen schneller abarbeiten ließen. Es gebe weniger Rückfragen aus Apotheken und keine Medienbrüche. Außerdem werde der Mediziner bei der Therapieauswahl unterstützt: Aus der Apotheke erhalte er nicht nur eine Rückmeldung, ob der Patient das Arzneimittel wirklich abgeholt habe, sondern auch gebündelte Interaktionshinweise zum Patienten.
Die Kassen profitieren laut Zur Rose am meisten, etwa durch geringere Folgekosten durch die Reduktion von Fehlverordnungen und Medikationsfehlern. Dadurch könnten unnötige Behandlungen vermieden werden. Durch eine von Zur Rose erwartete höhere Compliance würden die Therapiekosten gesenkt. Weitere Kosteneinsparungen sieht die Versandapotheke bei den dann überflüssigen Vordrucken und durch die hohe Fälschungssicherheit. Zudem stelle eRx eine neues Kontroll- und Steuerungsinstrument dar: Kassen könnten Informationen schneller verarbeiten sowie auf strukturierte und bislang nicht vorhandene Daten zugreifen.
Für Apotheken sieht Zur Rose auch Vorteile: Es gebe weniger Rückfragen an Ärzte und eine schnellere elektronische Kommunikation mit den Praxen. Abrechnungen würden vereinfacht, das manuelle Übertragen der Rezeptdaten falle weg. Auch Änderungen an den Rezepten seien einfacher vorzunehmen. Durch effizientere Arbeitsabläufe könnten Kosten eingespart werden.
Die Anwendung soll unabhängig von, aber kompatibel mit der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) sein. Sobald die Telematikinfrastruktur (TMI) fertig gestellt ist, soll das E-Rezept integriert werden – bei Zur Rose rechnet man im zweiten Projektjahr mit diesem Schritt. Im dritten Jahr sollen weitere Testregionen dazu kommen und der Rollout geplant werden, sodass das E-Rezept im vierten Jahr in die Regelversorgung überführt werden kann.
Mit dem Stand in Deutschland ist man bei Zur Rose nicht zufrieden: Die Umsetzung eines E-Rezeptes sei schon mit der Einführung der eGK im Jahr 2006 geplant gewesen. „Aufgrund diverser Schwierigkeiten mit der eGK ist dieses Vorhaben allerdings stark ins Hintertreffen geraten.“ In anderen Ländern sei man schon deutlich weiter: In Schweden etwa gebe es das E-Rezept bereits seit 1981, inzwischen würden 80 Prozent der Verordnungen elektronisch ausgestellt. In der Schweiz hätten Ärzte seit 2001 die Möglichkeit, elektronische Rezepte direkt an Zur Rose zu schicken. Außerdem verweist die Versandapotheke auf die Niederlande, Dänemark, die USA und Estland.