Hecken lädt zum AMTS-Casting Julia Pradel, 15.03.2016 10:20 Uhr
Das Rennen um die 300 Millionen Euro aus dem Innovationsfonds ist eröffnet: Nachdem Ende Februar die Förderschwerpunkte – unter anderem Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) – bekannt gegeben wurden, steht nun ein grober Fahrplan. Im Herbst soll entschieden werden, welche Projekte gefördert werden. In der Kategorie AMTS gehen laut Professor Dr. Josef Hecken, dem Vorsitzenden des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), wahrscheinlich vier Projekte an den Start.
Der G-BA ist Träger des Innovationsfonds und wird über einen Innovationsausschuss mit darüber entscheiden, welche Projekte einen Zuschuss erhalten. Beraten wird das Gremium von einem zehnköpfigen Expertenbeirat, der Mitte Januar zum ersten Mal zusammentrat. Gemeinsam entscheiden die Experten über die Kriterien für die Auswahl und darüber, wer letztlich Gelder bekommt.
Ende Februar hat der Innovationsausschuss die Förderschwerpunkte für die erste Tranche bekannt gegeben: Finanziert werden mit insgesamt 225 Millionen Euro Modellprojekte zu AMTS, Lösungen für strukturschwache Gebiete, Projekte im Bereich E-Health und Telemedizin sowie Versorgungsmodelle für vulnerable Patientengruppen wie Pflegebedürftige oder Kinder. Mit weiteren 75 Millionen Euro sollen Forschungsprojekte unterstützt werden.
Derzeit arbeiten die Experten im Innovationsausschuss an der Förderbekanntmachung. Diese soll in der kommenden Woche dem Expertenbeirat vorgelegt und Anfang April veröffentlicht werden. Dann beginnt die dreimonatige Bewerbungsphase, in der Anbieter ihre Projekte einreichen können. Der Expertenbeirat und der Innovationsausschuss haben dann sechs Wochen Zeit, um über die Anträge zu entscheiden. Hecken rechnet damit, dass im September die ersten Förderbescheide verschickt werden.
Der Zeitplan sei „relativ knapp“, so Heckens Einschätzung. Dies sei aber nötig, da die Mittel nicht ins nächste Jahr übertragen werden könnten. Sein Ziel ist es, „möglichst viele Mittel zu binden“. Deshalb soll noch in diesem Jahr eine zweite Förderbekanntmachung veröffentlicht und eine zweite Vergabewelle gestartet werden. Über die neuen Förderschwerpunkte schweigt sich Hecken noch aus, ein Fokus soll aber auf der Versorgung von Migranten liegen.
Bei der Vergabe der Mittel stehen die Projekte eines Förderschwerpunktes in Konkurrenz zueinander. Für die einzelnen Ideen sollen Punkte vergeben werden, um eine Entscheidung zu treffen. Mit Blick auf den Bereich AMTS erklärt Hecken, dass sicher nicht vier Projekte gefördert würden, die nur zwei unterschiedliche Schulen repräsentierten.
Zumal die AMTS-Projekte offenbar vergleichsweise teuer sind. Offizielle Anträge können zwar erst nach Veröffentlichung der Förderbekanntmachung eingereicht werden – Hecken liegen aber nach eigener Schätzung bereits 700 unaufgefordert eingereichte Projektskizzen vor. Während die AMTS-Projekte zwischen 10 und 14 Millionen Euro kosteten, seien für das teuerste Projekt in Sachen Versorgungsforschung lediglich 300.000 Euro beantragt.
Tatsächlich 75 Millionen Euro für Projekte zur Versorgungsforschung auszugeben, erscheint Hecken angesichts des bisherigen Umfangs daher schwierig. Um dennoch alle Mittel ausnutzen und möglichst viele Projekte fördern zu können, erwägt der G-BA-Chef nun, die Evaluation einzelner Projekte zu neuen Versorgungsformen aus dem Topf Versorgungsforschung zu finanzieren.
Schwierig werden es Projekte haben, die bereits laufen. Sie müssen wenigstens erweitert werden oder in Sachen Evidenz verbessert werden, um Chance auf eine Förderung zu haben. Klappt es in dieser Runde nicht mit einem Zuschlag aus dem Fonds, müssen sich die Anbieter gedulden. „Gleiche Themen werden nicht nacheinander aufgerufen – außer es fehlt an Anträgen“, betont Hecken. In anderthalb oder zwei Jahren könne man es aber erneut versuchen.
Einige Voraussetzungen für eine Förderung aus dem Innovationsfonds sind bereits bekannt: Die Projekte müssen über die Regelversorgung hinaus gehen, aber gleichzeitig das Potenzial haben, in die Regelversorgung überführt zu werden. Für Hecken ist eine wesentliche Voraussetzung, dass die Projektträger eine Kasse ins Boot geholt haben. Außerdem müssten Kosten und Nutzen in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen: „Mein Bestreben ist es zwar, das Geld möglichst zu binden, aber nicht, Versicherungsgelder zu verbrennen“, so Hecken.
Der Innovationsfonds ist aus Heckens Sicht „eine gigantische Chance für unser Gesundheitswesen“. Schließlich stünden 300 Millionen Euro zusätzlich zu den Mitteln der Regelversorgung zur Verfügung. „Wir haben jetzt die Chance, Evidenz in Projekten zu generieren, die so groß sind, dass Gesetzgeber oder Kassen gar nicht anders können, als sie in irgendeiner Form in Kollektiv- oder größere Selektivverträge zu überführen.“
Der Innovationsausschuss setzt sich entsprechend dem G-BA zusammen: aus Vertretern des GKV-Spitzenverbands (Dr. Doris Pfeiffer, Johann-Magnus von Stackelberg, Gernot Kiefer), der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (Dr. Andreas Gassen), der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (Dr. Wolfgang Eßer), der Deutschen Krankenhausgesellschaft (Georg Baum), des Bundesgesundheitsministeriums (Lutz Stroppe, Oliver Schenk) und des Forschungsministeriums (Petra Steiner-Hoffmann), Patientenvertretern (Dr. Ilona Köster-Steinebach, Dr. Martin Danner) und Hecken.
In dem Expertenbeirat sitzen Professor Dr. Maria Blettner, Professor Dr. Marie-Luise Dierks, Professor Dr. Norbert Donner-Banzhoff, Professor Dr. Katrin Hertrampf, Professor Dr. Norbert Klusen, Professor Dr. Sascha Köpke, Dr. Michael Masanneck, Professor Dr. Holger Pfaff, Professor Dr. Rainer Richter und Professor Dr. Leonie Sundmacher.
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