Fischbach: Kein Handlungsbedarf bei Hilfsmitteln Julia Pradel, 19.03.2015 13:38 Uhr
Zu dünne oder zu wenig Windeln, die Lieferanten nicht erreichbar: Der „Spiegel“ hat sich Anfang März der Probleme bei der Inkontinenzversorgung angenommen. Nun wurde das Thema im Bundestag diskutiert. Obwohl auch Apotheker schon lange vor Dumpingpreisen warnen, sieht das Bundesgesundheitsministerium (BMG) keinen Handlungsbedarf. Die gesetzlichen Regelungen seien ausreichend, erklärte Staatssekretärin Ingrid Fischbach (CDU).
Corinna Rüffer, Sprecherin für Behindertenpolitik der Grünen-Bundestagsfraktion, hatte das Thema in der aktuellen Fragestunde angesprochen. Sie wollte von der Bundesregierung wissen, welche Möglichkeiten gesehen werden, um zu verhindern, dass sich Betroffene an das Bundesversicherungsamt (BVA) wenden oder Produkte selbst finanzieren müssen.
Aus Sicht von Fischbach gibt es allerdings keinen Bedarf für Gesetzesänderungen: „Ich bin der Meinung, dass die geltenden rechtlichen Regelungen zur Hilfsmittelversorgung grundsätzlich geeignet sind, eine ausreichende, wirtschaftliche und zweckmäßige Versorgung mit Inkontinenzhilfen sicherzustellen.“ Versicherte hätten einen Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln, die erforderlich seien.
Versorgungspauschalen, wie sie Krankenkassen und Leistungserbringer vereinbarten, seien zulässig und auch bei anderen Hilfsmitteln übliche vertragliche Gestaltungsmöglichkeit. Die Höhen der Versorgungspauschalen beruhten auf einer Mischkalkulation, da sie sowohl Versorgungsfälle mit leichter Inkontinenz als auch solche mit mittlerer und schwerer Inkontinenz erfassten.
„Bei dieser Vertragsart trägt der Leistungserbringer ein hohes Maß an Verantwortung für Art, Umfang und Qualität der von der Monatspauschale umfassten Leistungen“, so Fischbach. Besonders wichtig seien daher detaillierte vertragliche Regelungen und auch eine Überprüfung, ob diese eingehalten werden.
Fischbach erklärt: „In diesen Verträgen wird der Leistungserbringer zur Sicherstellung einer bedarfsgerechten, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnissen entsprechenden Versorgung verpflichtet“, so die Staatssekretärin. Art und Umfang der Versorgung hätten sich indikationsbezogen und nach dem jeweiligen Bedarf des Versicherten im Einzelfall zu richten. Fischbach beruft sich auf den GKV-Spitzenverband und erklärt, dass diesem Grundsatz ausreichend Rechnung getragen werde.
Sie sieht die Krankenkassen in der Pflicht: „Es ist Aufgabe der Krankenkassen, zu überprüfen, ob die von den Leistungserbringern erbrachten Leistungen den vertraglichen Anforderungen auch entsprechen“, so Fischbach. Versicherte, die den Eindruck hätten, das sie oder ihre Angehörigen unzureichend versorgt wüden, sollten sich mit ihrer Krankenkasse in Verbindung setzen. „Sollte deren Reaktion den Versicherten nicht zufrieden stellen, besteht darüber hinaus die Möglichkeit, sich an die jeweilige Aufsichtsbehörde zu wenden.“ Das sei je nach Kasse das Bundesversicherungsamt (BVA) oder die Landesaufsicht.
Rüffer zeigte sich mit dieser Antwort unzufrieden und merkte an, dass es sich keinesfalls um Einzelfälle handele. Als Obfrau im Petitionsausschuss wisse sie, dass massiv Beschwerden aufträten. Kassen seien nicht nur zur Sparsamkeit verpflichtet, sondern auch zur Qualitätssicherung, so Rüffer. Aber selbst Ansprechpartner bei den Länderbehörden finde man nur schwer. „Der Patient ist im Einzelfall ziemlich aufgeschmissen, wenn er sich irgendwohin wenden möchte“, so Rüffer.
Auch Dr. Jörn Wunderlich (Die Linke), hakte nach. Es gehe nicht darum, auf welche Weise sich Patienten beschweren könnten, sondern darum, wie die Notwendigkeit dafür verhindert werden könne, betonte er. Fischbach erklärte daraufhin, sie halte es für legitim, dass der Gesetzgeber auf die geltende Rechtslage Rücksicht nehme, wenn er den Eindruck habe, dass sie ausreichend ist – und so sei es zur Zeit. Sie stellte klar, dass es lediglich einen Artikel im „Spiegel“ gegeben habe – und der werde nun verfolgt.
Insgesamt lägen beim BVA derzeit fünf Beschwerden zu diesem Thema vor, so Fischbach. Man müsse nun prüfen, ob das Problem einzelne Kassen betreffe oder ob es sich um ein generelles Problem handele – und dann müsse darüber nachgedacht werden, mit welchen Möglichkeiten die Situation verändert werden könnte, etwa durch Anpassungen im Bundesmantelvertrag.