Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) hat dazu aufgerufen, bei allen Routine-Gesundheitsuntersuchungen den Impfschutz zu überprüfen. „Wir brauchen jetzt eine Kraftanstrengung von Ärzten, Kitas, Schulen und allen anderen Verantwortlichen, um die Impflücken zu schließen“, teilte er anlässlich der bevorstehenden Europäischen Impfwoche mit. Mit dem Präventionsgesetz müsse künftig bei der Aufnahme in eine Kita ein Nachweis über eine ärztliche Impfberatung vorgelegt werden.
Laut Robert-Koch-Institut (RKI) sind die Schulanfänger-Impfquoten in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen beziehungsweise konstant hoch geblieben. Demnach hat sich die Impfquote für die zweite Masernimpfung von 2012 auf 2013 nur geringfügig erhöht, von 92,4 Prozent auf 92,6 Prozent.
Für die Elimination ist eine Impfquote von 95 Prozent für beide Masernimpfungen erforderlich. Diese Quote erreichen bisher nur Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern, knapp darunter, bei 94 Prozent, liegen Thüringen, Nordrhein-Westfalen und erstmals Rheinland-Pfalz. Viele Kinder würden aber zu spät geimpft.
Nach Ergebnissen der DEGS-Studie des RKI hatten unter den 18 bis 44-Jährigen nur 56,9 Prozent mindestens eine Masernimpfdosis erhalten. Große Impflücken bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen seien ein maßgeblicher Grund für die zuletzt starke Verbreitung von Masern vor allem in Berlin, aber auch in Sachsen und Thüringen.
Seit Beginn des Masernausbruchs in Berlin im vergangenen Oktober erkrankten nach Angaben des Landesamts für Gesundheit (LAGeSo) bis zum Freitag 1101 Menschen, 980 davon in diesem Jahr. Etwa jeden vierten Patienten erwischte es so stark, dass er in ein Krankenhaus musste. Im Februar starb ein ungeimpftes Kleinkind an Masern.
In den vergangenen Tagen war ein Abwärtstrend der Neuansteckungen festzustellen, wie eine Sprecherin des Landesamtes berichtete. Nach zwischenzeitlich 80 Neuansteckungen pro Tag waren es von Donnerstag auf Freitag nur sieben. Es sei allerdings deutlich zu früh, um von einem Abklingen in Berlin zu sprechen, sagte die Sprecherin.
Das sächsische Gesundheitsministerium meldete mit Stand von Freitagmittag 211 Masern-Ansteckungen seit Jahresbeginn. In Leipzig, wo zunächst der Schwerpunkt lag, habe sich die Lage beruhigt, berichtete eine Sprecherin. Zuletzt seien vor allem in Dresden Einzelfälle hinzugekommen.
Angesichts der nach wie vor hohen Zahl an Masernerkrankungen drohte Gröhe Impfverweigerern mit einem Impfzwang. Nicht impfen sei verantwortungslos, sagte Gröhe und fügte hinzu: „Wir müssen auch der Panikmache einiger Impfgegner entgegentreten.“ Eine Impflicht sei kein Tabu: „Wir werden diese Fragen sorgfältig, aber konsequent im Rahmen der jetzt anstehenden parlamentarischen Beratungen zum Präventionsgesetzes debattieren und dann entscheiden.“
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