Mitten in der Corona-Krise kaufte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) eine Luxusvilla im Berliner Stadtteil Dahlem. Seitdem werden immer neue Details über seine Immobiliengeschäfte bekannt. In der Bundespressekonferenz wurde am Mittwoch sein Sprecher Hanno Kautz umfassend dazu befragt.
Spahn und sein Ehemann waren anwaltlich gegen Medien vorgegangen, die über den Kauf der Villa berichtet hatten, auch gegen APOTHEKE ADHOC. Das Landgericht Hamburg untersagte zumindest die Nennung des genauen Kaufpreises. Zur Begründung führten die Richter aus, dass die Informationen ohne Willen des Ministers durchgestochen wurden. Später wurde bekannt, dass Spahn eine seiner Eigentumswohnungen im Stadtteil Schöneberg von Gematik-Chef Markus Leyck Dieken gekauft hatte.
Tatsächlich hatte das Grundbuchamt auf Anfrage entsprechende Informationen herausgegeben – was Spahns Anwalt Christian-Oliver Moser von der Kanzlei IrleMoser unzulässig findet. Er hat sich sogar Anfragen der Journalisten zusenden lassen, was wiederum Journalistenverbände verstörend finden.
In der Bundespressekonferenz geriet Spahns Sprecher in dieser Woche unter Druck. „Der Bundesminister macht hier als Privatperson lediglich sein Recht gegenüber dem Grundbuchamt geltend. In welcher Wohnung er wohnt und zu welchem Preis er sie gekauft hat, ist seine Privatangelegenheit, wie ich das hier auch schon einmal an anderer Stelle betont habe. Dazu gibt es auch ein einschlägiges Urteil des Landgerichts Hamburg“, so Kautz. Prinzipiell sei die Einsichtnahme ins Grundbuch nach geltender Rechtsprechung für Dritte nicht beliebig möglich, sondern erfordere ein berechtigtes Interesse. „Das Grundbuchamt hat in diesem Fall möglicherweise sowohl gegen die Grundbuchordnung als auch gegen die Vorgaben der EU-Datenschutzgrundverordnung verstoßen. Eine möglicherweise rechtswidrige Behördenhandlung kann von jedem betroffenen Bürger mit rechtsstaatlichen Mitteln überprüft werden.“
Spahn stehe im Streit mit dem Grundbuchamt und nicht mit den Journalisten, so Kautz. Zur Anfrage könne er nichts sagen: „Sie müssen Nachsicht haben, dass ich mich zu den Details nicht weiter äußern kann. Ich habe ja gerade gesagt: Das ist eine Privatangelegenheit des Ministers. Ich sitze hier nicht, um die Privatangelegenheiten des Ministers zu rechtfertigen“, so der frühere Bild-Journalist Kautz.
Doch aus Sicht der fragenden Journalisten besteht durchaus ein öffentliches Interesse: „Es ist doch aber nicht nur die Privatangelegenheit, wenn der Verkäufer einer Immobilie später dann an die Spitze einer mehrheitlich im öffentlichen Besitz befindlichen Gesellschaft berufen wird. Da sind wir mindestens in einer Schnittmenge. Warum ist vor diesem Hintergrund das, was der Minister gemacht hat, keine Ausforschung von Journalisten und von Gesprächsinhalten? Das ist es doch“, so die Nachfrage.
„Auch dazu hatte ich mich schon einmal geäußert, und zwar nur deshalb, um diesen Vorwurf zu dementieren, dass es in irgendeiner Weise einen Zusammenhang zwischen der Berufung von Herrn Leyck Dieken zum Geschäftsführer der Gematik GmbH und dem Kauf dieser Eigentumswohnung geben würde.“ Er verwies noch einmal die Daten: „Am 21. August 2017 hat der Minister die Eigentumswohnung gekauft; am 14. März 2018 war der Amtsantritt des Ministers; am 1. April 2019 hat das BMG die Mehrheitsanteile der Gematik GmbH übernommen; am 1. Juli 2019 ist Herr Leyck Dieken Geschäftsführer der Gematik GmbH geworden. Dazwischen liegen zwei Jahre. Es gibt keinen Zusammenhang.“
Warum das Gehalt von Leyck Dieken dann um mindestens 110.000 Euro erhöht worden sei? „Zum Gehalt von Herrn Leyck Dieken kann ich jetzt nichts sagen. Herr Leyck Dieken ist ein hochqualifizierter Mann, der sich in einem ordentlichen Bewerbungsverfahren durchgesetzt und in seinem vorherigen Beruf ein Mehrfaches verdient hat.“ Aber der Verdacht liege ja nahe, dass Herr Spahn sich bei dem Verkäufer der Wohnung mit einem riesengroßen Gehalt bedankt. „Das ist reine Spekulation. Ich habe gerade gesagt: Es gibt überhaupt keinen Zusammenhang zwischen diesen beiden Geschichten.“
Wenn es keinen Zusammenhang gebe, brauche er ja auch nicht dagegen vorzugehen. Dann habe er ja nichts zu befürchten. „Ich habe gerade schon das gesagt, was ich zu sagen habe. Er hat als Privatmann sein Recht gegenüber dem Grundbuchamt geltend gemacht.“
Der Herr Minister habe Journalisten und auch Youtuber abmahnen lassen, weil sie den Kaufpreis genannt hätten, hakte der nächste Journalist nach. Warum er nicht wolle, dass der genannt werde? „Weil es seine Privatangelegenheit ist.“ Urteile aus der Vergangenheit, die das bei amtierenden Ministern anders sehen, ließ Spahns Sprecher nicht gelten. „In dem konkreten Fall gibt es ein Urteil, das das genau so sieht.“
Ob Spahn die Mahnung des Bundesverfassungsgerichts nicht kenne, die Presse in ihrer notwendigen Recherchearbeit nicht zu behindern? „Die Rechtslage ist folgendermaßen: Eine Einsichtnahme ins Grundbuch ist für Dritte auch nicht für Journalisten nicht beliebig möglich, sondern erfordert ein berechtigtes Interesse. Das Grundbuchamt hat in diesem Fall möglicherweise sowohl gegen die Grundbuchordnung als auch gegen die Vorgaben der EU-Datenschutzgrundverordnung verstoßen. Dagegen wehrt sich Herr Spahn als Privatmann.“ Problematisch sei, dass die Nachfrage beim Grundbuchamt nicht begründet wurde, aber die Information wurde trotzdem gegeben wurde.
Auf die erneute Nachfrage, warum er angesichts der Gemengelage kein begründetes öffentliches Interesse sehe, sagte Kautz: „Ich habe zu dieser Causa nichts mehr hinzuzufügen.“
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