Untersuchungsausschuss will aufklären

Im Dickicht der Maskenaffäre

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Berlin -

Es war vor gut zwei Jahren: Das neu entdeckte Coronavirus versetzte die Welt in Angst und Schrecken. Immer neue
Horrormeldungen beherrschten die Schlagzeilen, ein Impfstoff war noch in weiter Ferne, es kam der erste große Lockdown – und medizinische Schutzausrüstung war Mangelware. In dieser Zeit verdienten manche Unternehmer mit dem Geschäft mit FFP2-Masken und anderem Material viel Geld - Lieferanten, aber auch Personen, die Geschäfte zwischen Firmen, Ministerien und staatlichen Stellen vermittelten. Das besonders Brisante: Darunter waren auch CSU-Parlamentarier.

Das ist die überaus komplexe Materie, in die seit einigen Monaten ein Untersuchungsausschuss im Landtag eintauchen muss. Vor allem geht es darum, mögliche Beteiligungen von Abgeordneten an den Geschäften und teilweise hohe Provisionszahlungen an Parlamentarier aufzuklären. Und darum, ob staatlich Stellen sich stets korrekt verhalten haben.

In der kommenden Woche werden nun gleich mehrere prominente Personen im Zusammenhang mit der Affäre im Landtag aussagen: allen voran die langjährigen CSU-Abgeordneten Alfred Sauter und Georg Nüßlein, aber auch die CSU-Europaabgeordnete Monika Hohlmeier sowie Andrea Tandler, Tochter des früheren CSU-Generalsekretärs Gerold Tandler. Eine für Ende April geplante Befragung hatte Tandler wegen Krankheit abgesagt.

Ein aktueller Überblick über die Arbeit des Untersuchungsausschusses:

DER AUSSCHUSS: Vom Landtag eingesetzt wurde der Ausschuss im vergangenen Dezember, kurz darauf war die konstituierende Sitzung. Grüne, SPD und FDP, die den Antrag auf den Ausschuss eingebracht hatten, hatten sich schließlich mit CSU und Freien Wählern auf einen Fragenkatalog verständigt. Insgesamt gehören dem Gremium elf Abgeordnete an. Vorsitzender ist der frühere Justizminister Winfried Bausback (CSU), Vize ist der Grünen-Abgeordnete Florian Siekmann.

DIE ZEUGEN: Neben Sauter, Nüßlein, Hohlmeier und Tandler sind vor allem viele Mitarbeiter von Ministerien und Behörden als Zeugen geladen. Auf der Liste stehen aber auch Ministerpräsident Markus Söder, die frühere Gesundheitsministerin Melanie Huml und deren Nachfolger Klaus Holetschek, der ehemalige Innenstaatssekretär Gerhard Eck (alle CSU), der frühere Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sowie der soeben als CSU-Generalsekretär zurückgetretene Stephan Mayer, bis 2021 Staatssekretär im Bundesinnenministerium.

DARUM GEHT ES: Im Landtagsbeschluss heißt es, der Ausschuss solle sich „ein Gesamtbild verschaffen“ über Geschäfte des Freistaats, von Ministerien und Behörden „mit und unter Beteiligung von Abgeordneten oder durch die Vermittlung von Abgeordneten“. Und weiter: „Es sollen die Hintergründe der Vergabe von Aufträgen und Verträgen und auch Einflussnahmen von Abgeordneten untersucht werden.“ Geklärt werden soll zudem, „ob, in welcher Höhe und mit welcher Begründung für die Vermittlung und die Vergabe von Aufträgen (...) Provisionen geflossen sind“. Das Gesundheitsministerium betont stets, in keinem Fall seien Provisionen seitens des Ministeriums an Mandatsträger gezahlt worden.

Zudem soll geklärt werden, ob einige der Masken, von denen viele unter anderem an medizinisches Personal verteilt wurden, die notwendige Qualität hatten, um die Ansteckungsgefahr zu reduzieren – oder ob überteuerte Preise für mangelhafte Ware gezahlt wurden.

Was bisher geschah:

Zuletzt hatte etwa Franz Xaver Stelz ausgesagt, Leiter des Landesinstituts Arbeitsschutz und Produktsicherheit im Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL). Er berichtete, dass zu Beginn der Corona-Pandemie die Qualität der nach Bayern gelieferten Schutzmasken nur formell anhand beiliegender Unterlagen überprüft worden sei. Prüfgeräte seien damals sehr schwer zu beschaffen gewesen – erst im Juli 2020 habe das LGL ein Gerät erhalten. Es habe aber ein hoher Druck auf die Kontrolleure geherrscht: „Wir mussten Ware beschaffen, die Not war groß.“

DAS PASSIERT DIESE WOCHE: Am Montag muss zunächst Monika Hohlmeier aussagen. Sie hat damals zwar (was natürlich zulässig ist) Kontakte vermittelt – aber dafür, wie die „Süddeutsche Zeitung“ schrieb, nach eigenen Angaben kein Geld verlangt und auch keines bekommen. Am Donnerstag dann sind Sauter, Nüßlein und Tandler geladen – voraussichtlich aber mit keinem großen Erkenntnisgewinn: Weil gegen alle drei noch staatsanwaltschaftliche Ermittlungen laufen, dürfen sie die Aussage verweigern.

Nüßlein und Sauter, die für die Vermittlung von Masken-Geschäften im Jahr 2020 Geld bekommen haben sollen, haben vor dem Münchner Oberlandesgericht (OLG) bereits einen Erfolg erzielt: Das OLG teilte bereits im November mit, dass es im Handeln der beiden Beschuldigten „den Tatbestand der Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern nicht erfüllt“ sieht. Die Generalstaatsanwaltschaft München legte dagegen aber Beschwerde beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe ein. Nüßlein und Sauter selbst hatten die Vorwürfe stets bestritten.

Gegen Tandler, die für die Vermittlung von Masken-Geschäften Provisionen erhielt, wird etwa wegen eines Anfangsverdachts des Gewerbesteuerbetrugs ermittelt. Ein Sprecher Tandlers sagte aber auf dpa-Anfrage, die Anwälte rechneten damit, dass sich nach der Einstellung eines ersten Verfahrens „auch alle anderen Vorwürfe als gegenstandslos erweisen werden“. Tandler und ihr Mit-Gesellschafter wiesen „alle in der Öffentlichkeit erhobenen Vorwürfe zurück“.

PERSÖNLICHE FOLGEN: Das ist vielleicht das Besondere an diesem Ausschuss: Einige persönliche und politische Konsequenzen, die man eventuell nach Abschluss der Ausschussarbeit erwarten könnte, wurden längst gezogen: Der einstige Bundestagsabgeordnete Georg Nüßlein trat aus der CSU aus, der Landtagsabgeordneten Sauter aus der Fraktion. Sauter gab überdies alle Parteiämter ab, insbesondere seine Sitze in CSU-Vorstand und -Präsidium und den CSU-Kreisvorsitz Günzburg.

POLITISCHE FOLGEN: Als Konsequenz aus der Maskenaffäre gelten in Bayern inzwischen verschärfte Regeln für Abgeordnete. Demnach sind Nebentätigkeiten zwar nicht generell verboten. Untersagt sind den Landtagsabgeordneten jedoch bezahlte Lobbytätigkeiten für Dritte bei Staatsregierung, Landtag und weiteren Behörden. Auch der Verkauf und die Vermittlung von Immobilien, Waren und Dienstleistungen für Dritte bei den Organen und Behörden des Freistaates und den Gesellschaften, die mehrheitlich im Eigentum des Freistaates stehen, sind den Parlamentariern nun verboten. Darüber hinaus müssen Abgeordnete Einkünfte aus Nebentätigkeiten in Zukunft grundsätzlich ab dem ersten Euro veröffentlichen. Klar ist also schon jetzt: Geschäfte wie die mit Corona-Masken sind Landtagsabgeordneten nun definitiv untersagt.

Grundsätzlich wird von verschiedenen Seiten immer betont, dass – früher wie heute – nicht alles, was vielleicht rein rechtlich erlaubt sei, auch moralisch in Ordnung ist. Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) sagte dazu in einem Interview einmal: „Es wird immer den Punkt geben, wo das Gesetz endet und der moralische Kompass beginnt.“

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