Interview Elke Ferner (SPD)

„Ich hätte nicht Liberalisierung geschrieben“

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Berlin -

Die SPD fühlt sich missverstanden. Anfang Dezember hatten die Sozialdemokraten auf ihrem Bundesparteitag einen Antrag zur Liberalisierung des Arzneimittelvertriebs verabschiedet. Apothekenketten fordere man aber nicht, hieß es auf Nachfrage bei Fachpolitikern. Im Willy-Brandt-Haus ist man von Nachfragen zum ominösen Leitantrag genervt. Doch wer die umstrittene Formulierung in den Leitantrag geschrieben hat, ist bis heute nicht klar. Im SPD-Vorstand ist Elke Ferner für die Gesundheitspolitik zuständig. Gegenüber APOTHEKE ADHOC erklärte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende, dass sie in der Debatte um Apotheken vor allem an Ergebnissen interessiert ist.

ADHOC: Warum fordert die SPD größere Vertriebsstrukturen in der Arzneimittelversorgung?
FERNER: Wir müssen in allen Bereichen des Gesundheitswesens die Strukturen überprüfen und gegebenenfalls optimieren. Im Detail wurde das noch nicht besprochen, das wird erst in den nächsten Monaten geschehen. Ich denke, wir sollten die Kirche im Dorf lassen. Es ist nichts in die eine oder die andere Richtung entschieden.

ADHOC: „Den Arzneimittelvertrieb werden wir liberalisieren.“ Heißt?
FERNER: Was der Eine oder Andere beim Wort Liberalisierung assoziiert, darum geht es in erster Linie nicht. Wir suchen nach Wegen, die flächendeckende Arzneimittelversorgung zu verbessern, gerade in einer älter werdenden Gesellschaft.

ADHOC: Aber Sie fordern doch größere Strukturen?
FERNER: Ich bin da vollkommen leidenschaftslos. Mir kommt es auf die Versorgung an, und die hängt vom qualifizierten Personal in der Apotheke ab. Ob eine Liberalisierung überhaupt etwas bringen würde, finde ich durchaus fraglich. Denn es besteht immer die Gefahr einer Monopolstellung. Das derzeitige System gegen Konzernstrukturen auszutauschen, scheint mir deshalb keine gute Lösung.

ADHOC: Warum haben Sie das nicht auf dem Parteitag klargestellt?
FERNER: An mich ist das Thema erst nach dem Parteitag herangetragen worden. Die niedersächsische Landesgruppe wollte sich vorab mit mir treffen und den Antrag beraten. Leider hat mein Terminkalender das vor dem Parteitag nicht mehr zugelassen. Sonst hätten wir den Antrag geändert, um Missverständnisse zu verhindern.

ADHOC: Welche Missverständnisse? Die Formulierung ist doch eindeutig.
FERNER: Ich hätte nicht Liberalisierung geschrieben, sondern das, was wir mit dem Antrag bezwecken wollen: eine Verbesserung der Versorgung mit Arzneimitteln.

ADHOC: Unter Ulla Schmidt als Gesundheitsministerin hatte sich die SPD klar zur inhabergeführten Apotheke bekannt.
FERNER: Ich sehe auch nicht, dass sich daran etwas geändert hat. Eine Frage kann sein, wie viele Apotheken ein Apotheker besitzen darf. Aber auch darüber ist nicht gesprochen worden. Das Thema Fremd- und Mehrbesitzverbot kam in der Diskussion nicht vor, zu keiner Zeit.

ADHOC: Wer hat das dann in den Leitantrag geschrieben?
FERNER: Das kann ich nicht mit Sicherheit sagen. Von mir stammt die Formulierung jedenfalls nicht. Der Leitantrag wurde im Willy-Brandt-Haus erarbeitet. Im Zweifel haben die dortigen Fachreferenten die Passage getextet. Man muss aber fairerweise auch sagen, dass der Fokus in diesem Antrag auf anderen Punkten lag.

ADHOC: Wird es eine Klarstellung des SPD-Vorstands geben?
FERNER: Nein, das Thema wird zunächst auf der Arbeitsebene diskutiert. Wir gehen jetzt in den Dialog, zu dem wir auch die Apotheker selbstverständlich herzlich einladen.

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