Nach Hunderten mutmaßlich falschen Corona-Impfungen in Schwaben muss sich von Dienstag an ein Hausarzt vor dem Augsburger Landgericht verantworten.
Der 73 Jahre alte Mediziner aus Wemding (Landkreis Donau-Ries) soll im Jahr 2021 bei 176 Patienten Scheinimpfungen vorgenommen haben. Den Impfstoff soll der Mann entsorgt und den Impfwilligen nur leere Spritzen ins Gesäß gestochen haben. Die Staatsanwaltschaft geht von 314 manipulierten Erst- und Zweitimpfungen aus.
Daneben soll die Praxis des Angeklagten bei impfkritischen Bürgern als Anlaufstelle bekannt gewesen sein, um Bescheinigungen ohne echte Impfung zu erhalten. Der Allgemeinarzt soll laut Anklage mindestens 40 Patienten solche nicht vorgenommenen Impfungen bescheinigt haben. Hier sind 49 Fälle angeklagt, in denen die Impfpässe von dem Mann manipuliert worden sein sollen, indem er die Aufkleber des angeblich verwendeten Impfstoffes in die Gesundheitsdokumente geklebt und diese mit Praxisstempel und Unterschrift versehen haben soll. In der Szene soll dieses Prozedere als „Schonimpfung“ bekannt gewesen sein.
Tatsächlich gab es nach den Ermittlungen eine noch größere Zahl von Patienten, die diese Scheinimpfung bewusst in Anspruch genommen haben. Denn parallel zu den Ermittlungen gegen den Hausarzt liefen auch zahlreiche weitere Strafermittlungen gegen Patienten.
Diese Prozesse fanden bereits am Amtsgericht in Nördlingen statt. Nach Angaben der dortigen Gerichtssprecherin wurden rund 80 Verfahren mit etwa 100 Angeklagten verhandelt. Im Regelfall endeten die Verhandlungen mit Geldstrafen, es habe nur wenige Freisprüche gegeben.
In den Verfahren wegen Anstiftung zum Verstoß gegen das Infektionsschutzgesetz sei eine Mehrzahl der Angeklagten einsichtig gewesen. Bei einzelnen Verurteilungen seien aber auch Berufungen zum Landgericht in Augsburg eingelegt worden, berichtete die Pressesprecherin.
Die Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg, die zentral für bayerische Verfahren wegen Betrug und Korruption im Gesundheitswesen zuständig ist, hatte letztlich nur eine Auswahl dieser Verfahren auch in die Anklage gegen den Hausarzt übernommen. Dem Mediziner werden vorsätzliche Körperverletzung, Betrug und wissentlich unrichtige Dokumentation von Schutzimpfungen vorgeworfen.
Die Behörden hatten während der Pandemie Hinweise aus der Bevölkerung erhalten, dass der Arzt Verschwörungsmythen anhänge und in der Praxis nicht alles mit rechten Dingen zugehe. Die Kriminalpolizei Dillingen hatte dann eine eigene Ermittlungsgruppe gebildet.
Gegen den Mediziner wurde bereits ein vorläufiges Berufsverbot verhängt. Die Ankläger werden in dem Prozess voraussichtlich beantragen, dies auch für die Zukunft anzuordnen. Die Strafkammer hat zunächst 23 weitere Verhandlungstage geplant. Ein Urteil wird demnach erst im November erwartet.
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