Alternativmedizin

Barmer-Chef Straub verteidigt Homöopathie

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Berlin -

In die Diskussion um die Apothekenpflicht von Homöopathika und deren Erstattung durch die Krankenkassen hat sich sich der Chef der Barmer, Deutschlands zweitgrößter Kasse, eingeschaltet. In einem Interview mit dem Magazin Focus verteidigte Christoph Straub die Homöopathie. In Deutschland würden nur 0,01 Prozent der Leistungsausgaben für Homöopathie aufgewendet, so Straub. Der Gesetzgeber habe die Kassen verpflichtet, „unter bestimmten Voraussetzungen auch alternative Therapien wie etwa Homöopathie, Anthroposophie und Phytotherapie zu erstatten“.

Straub, der von Haus aus Arzt ist und selber vor Jahren das kritische Netzwerk für evidenzbasierte Medizin mitgegründet hatte, hält nichts von einer Verteufelung von Alternativen, da es in der Bevölkerung eine hohe Präferenz für Homöopathie gebe. „Wir leben in einer pluralen Gesellschaft, die diese Behandlungsform wünscht“, so Straub. „Ich bin dafür, dass wir in Verbindung mit der Schulmedizin diese Therapie über Ärzte mit einer Zusatzausbildung auch erbringen.“

Man müsse auch akzeptieren, dass es in der Medizin immer wieder Phänomene wie den Placebo-Effekt gebe, „die sich nicht mit einem eindeutigen naturwissenschaftlichen Nutzennachweis klären lassen“, argumentierte der Barmer-Chef. Krankenkassen müssten kritisch informieren, „wir sind aber keine Erzieher“, so Straub.

Überraschend hatte die Verbraucherschutzbeauftragte der Unionsfraktion im Bundestag, Mechthild Heil, vor Kurzem die Apothekenpflicht für Homöopathika in Frage gestellt – und hatte damit Protest von den Pharmaverbänden und vom Branchenprimus Deutsche Homöopathie-Union DHU provoziert.

Die Forderung, Homöopathika aus der Apothekenpflicht zu entlassen, gefährde das Patientenwohl, so Henning Fahrenkamp, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie (BPI). „In Drogeriemärkten am Selbstbedienungsregal findet sicherlich keine Beratung statt.“ Auch einen Nennung der Bestandteile in deutscher Sprache sei abzulehnen: Form und Sprache der Packungsbeilage seien verpflichtend vorgeschrieben.

„Die Inhalte – Wirkung und Anwendung, Anwendungsbeschränkungen und Warnhinweise, Dosierung und Nebenwirkungen – sind gesetzlich geregelt und in deutscher Sprache verfasst.“ Homöopathische Arzneimittel würden seit Jahrzehnten unproblematisch angewendet. Fahrenkamp: „Die Verbraucherschützerin redet Verständnisschwierigkeiten künstlich herbei.“ Wichtig sei, dass der Patient das für seine Erkrankung passende Arzneimittel erhalte. „Deswegen ist es umso wichtiger, dass die Arzneimittelberatung und -abgabe in den Händen von Medizinern Ärzten und Apothekern liegt.“

Auch Dr. Hermann Kortland, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Arzneimittel-Hersteller (BAH) findet, dass Homöopathika aus gutem Grund apothekenpflichtig sind: „Mit der Apothekenpflicht wird eine sachgerechte Anwendung homöopathischer Arzneimittel im Rahmen einer heilberuflichen Beratung des Apothekers sichergestellt. Und das ist wichtig für die Patientensicherheit. Nur der Status der Apothekenpflicht gewährleistet, dass der Apotheker im Zweifel auch auf die Grenzen einer homöopathischen Behandlung hinweisen kann.“

Homöopathische Arzneimittel seien ein bewährter Bestandteil der Therapievielfalt. „Sie sind besonders geeignet, um im Rahmen der apothekengestützten Selbstmedikation bei Störungen des Alltags und leichten vorübergehenden Erkrankungen eingesetzt zu werden. Das können akute Beschwerden sein, aber auch wiederkehrende Symptome im Rahmen einer Grunderkrankung, die der Patient schon kennt.“

Die DHU erklärt, dass bei den fast 30.000 Anfragen, die pro Jahr am Standort in Karlsruhe eingehen, der Wunsch nach deutscher Bezeichnung noch nie Thema gewesen sei. Insofern sei aus Verbrauchersicht kein Handlungsbedarf zu erkennen. „Es wurden übrigens auch noch nie fachlich chemische Namen wie Propranolol von schulmedizinischen Produkten mit dem Ansinnen einer deutschen Übersetzung infrage gestellt.“

Anders als oft behauptet werde, gebe es in der Homöopathie durchaus hochwertige Studien, die die Wirksamkeit in verschiedenen Indikationen belegten, so DHU. Untersuchungen aus dem Bereich der Grundlagenforschung zeigten reproduzierbar an Modellen, dass homöopathische Potenzierungen deutliche Effekte hätten.

In einer APOTHEKE ADHOC-Umfrage äußerten sich die meisten Teilnehmer positiv zur Homöopathie: 44 Prozent finden die Therapieform gut und eine „wichtige Alternative zur Schulmedizin“. Doch das ist nur die halbe Wahrheit, denn die Mehrheit hat sich eher kritisch gegenüber Globuli & Co. geäußert.

Mehr als jeder Vierte, nämlich 28 Prozent, bezeichnen Homöopathika als „teure Placebos“, die „in der Apotheke nichts zu suchen“ hätten. Weitere 22 Prozent sind noch radikaler. Für sie ist die Alternativmedizin „Hokospokus“, der besser verboten werden sollte.

7 Prozent der Teilnehmer sind zwar keine Fans der Homöopathie, lassen die Anwender aber damit in Ruhe: „Nicht mein Ding, aber wem es hilft…“ Auch bezeichnend: „keine Meinung“ wählten 0 Prozent. An der Umfrage nahmen am 24. und 25. Juli 2017 insgesamt 918 Leserinnen und Leser von APOTHEKE ADHOC teil.

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