Die Bewertung der Homöopathie ist ein heiß diskutiertes Thema. Nicht einmal innerhalb der Parteigrenzen herrscht Einigkeit darüber, wie mit ihr umzugehen ist. So lobte der SPD-Politiker Christian Lange, Parlamentarischer Staatssekretär im Justiz- und Verbraucherministerium (BMJV), die Alternativmedizin. Hierfür erntete er das Unverständnis seiner Parteigenossen, zum Beispiel vom Vorsitzenden der Jungen Sozialdemokraten (Jusos) Kevin Kühnert.
Lange hatte den Hersteller Weleda besucht. Danach twitterte er: „Homöopathie gehört zu einer guten Patientenversorgung, darin war ich mir mit der Geschäftsführung der Weleda einig.“ Das Unternehmen hat seinen Sitz in Langes Wahlkreis Backnang – Schwäbisch Gmünd und stellt neben Naturkosmetika auch Arzneimittel nach homöopathischen Verfahren her.
Auch deswegen reagieren Parteikollegen des Staatssekretärs irritiert. Kühnert etwa schrieb auf Twitter: „Wenn Du dich in einem so sensiblen Thema auf eine – für mich und viele andere – unverständliche Art positionierst, dann wäre es zumindest hilfreich zu erfahren, auf welcher Grundlage Du argumentierst. Und wie das in Zusammenhang mit dem Besuch dieses privaten Unternehmens steht.“
Kühnert verlangt außerdem von Lange eine Erklärung, ob dieser Homöopathie als Kassenleistung befürworte. Der Juso-Vorsitzende hatte sich in der Vergangenheit deutlich dagegen positioniert. Auch der SPD-Kreisverband Berlin-Pankow sprach sich gegen Kostenerstattungen für Homöopathika aus und stellte einen entsprechenden Antrag bei der Bundesregierung. Verwiesen wurde dabei oft auf einen Beschluss der französischen Regierung, die ab 2021 Homöopathie aus dem Leistungskatalog des öffentlichen Gesundheitssystems streicht.
Zu den Gegnern der homöopathischen Medizin zählt auch Dr. Andreas Gassen, Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). Er merkte an, dass es nur unzureichende wissenschaftliche Belege für die Wirksamkeit der Homöopathie gäbe. Wer entsprechende Arzneimittel verwenden möchte, solle das tun, aber „bitte nicht auf Kosten der Solidargemeinschaft“, so Gassen. Homöopathie zählt dabei nicht zum regulären Leistungskatalog der Krankenkassen.
Aufgrund der in den vergangenen Jahren beständig gestiegenen Nachfrage bieten aber mittlerweile rund zwei Drittel der Kassen Kostenerstattungen für Naturheilverfahren an. Diese Kosten machen mit 20 Millionen Euro pro Jahr jedoch nur einen Bruchteil der Gesamtausgaben von 40 Milliarden Euro in der Gesetzlichen Krankenversicherung aus. Aufgrund dieser Größenordnung will Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) nicht an den Kostenerstattungen der Krankenkassen rütteln.
„Es ist okay so, wie es ist“, sagte der Minister kurz und knapp. Man könne über das Thema emotional diskutieren, müsse sich dann aber angesichts des Ausgabenverhältnisses fragen, ob es das wert sei, damit vielen vor den Kopf zu stoßen. Unterstützung bekommt Spahn unter anderem vom Vizechef der Unionsfraktion Georg Nüßlein (CSU): „Viele Menschen setzen auf die Homöopathie.“ Auch Grünen-Gesundheitspolitikerin Maria Klein-Schmeink sprach sich für die weitere Erstattung homöopathischer Behandlungen aus: „Es ist wichtig, auch komplementären Behandlungsverfahren ihre Berechtigung zu lassen.“
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