Hofferberth: Ich konnte zwei Apothekersätze loswerden Lothar Klein, 08.03.2019 13:31 Uhr
25 Frauen aus dem Gesundheitswesen haben sich 2006 zur Lady Lobby, einem interdisziplinären Netzwerk, zusammengeschlossen. Jetzt besuchte Lady Lobby Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU). Lady Lobby-Mitglied Ina Hofferberth, Geschäftsführerin des Landesapothekerverbandes Baden-Württemberg (LAV), nutze die Gelegenheit, die rechte Hand von Kanzlerin Angela Merkel auf die Sorgen und Anliegen der Apotheker aufmerksam zu machen. Seit einem Jahr leitet Professor Braun die Machtzentralen der Bundesregierung.
Als Chef des Bundeskanzleramtes empfing Braun Ende Februar zwölf Entscheidungsträgerinnen Lady Lobby zum informellen Austausch unter anderem rund um die Digitalisierung des Gesundheitswesens, heißt es auf der Internetseite des LAV. In ihrem Redebeitrag konnte Hofferberth das gemeinsame Zukunftsprojekt des Landesapothekerverbandes und der Landesapothekerkammer „Gerda – das E-Rezept“ kurz vorstellen. Hofferberth: „Professor Braun hat hier schon aufgehorcht, als er hörte, dass wir im Juni in den Testbetrieb gehen wollen. Er hakte nach, welchen Juni in welchem Jahr ich denn meine. Ich habe dann geantwortet, dass es der Juni 2019 sein wird. Mit einem Augenzwinkern habe ich noch ergänzt, da wir keinen Flughafen und keinen Bahnhof zu bauen haben, würde das so schnell gehen.“
Wegen der besonderen Rolle des Kanzleramtsministers spielten aktuelle politische Themen aus der Standespolitik der Apotheker keine tragende Rolle, so Hofferberth: „Professor Braun muss einfach übergeordnet bleiben und so war die kontroverse Diskussion rund um das Spahn-Paket kein Tagesordnungspunkt. Der Leiter des Bundeskanzleramtes will und darf den Fachministern nicht dazwischenfunken und von der Seitenlinie mitregieren. Nichtsdestotrotz wusste er von unserer apothekerlichen Diskussion mit Spahn zu seinen Vorschlägen und ich konnte durchaus zwei Sätze loswerden, warum die Gleichpreisigkeit so wichtig ist. Ich denke, es ist darin deutlich geworden, warum eine Deckelung von Boni – wie von Spahn ursprünglich vorgeschlagen – keine Lösung sein kann.“
Allerdings ist auch bekannt, dass Braun ein Rx-Versandverbot als Reaktion auf das EuGH-Urteil vom Oktober 2016 ablehnt. „Ich bin da sehr traurig drüber“, sagte Braun beim Digitalkongress der Stiftung Marktwirtschaft Mitte 2018. Gemeint war damit die Absichtserklärung zur Einführung des Rx-Versandverbots im Koalitionsvertrag. Braun hatte sich laut Kanzleramt bereits lange bevor er in seine heutige Funktion kam im Zusammenhang mit dem Urteil des EuGH zur Rx-Preisbindung dafür ausgesprochen, „die entstandene deutliche Benachteiligung inländischer Apotheken durch die Schaffung fairer Wettbewerbsbedingungen statt durch ein Rx-Versandhandelsverbot zu korrigieren“. Bei der Konferenz habe er im Kontext der Veränderung von Geschäftsmodellen durch Digitalisierung verdeutlicht, dass sich „an dieser Haltung nichts geändert hat, sich daraus aber keine Implikationen für die Abarbeitung des Koalitionsvertrages ergeben“.
Übrigens: Gegründet wurde Lady Lobby 2006 von Apothekerin Ruth Heintskill. In den 90er-Jahren leitete Heintskill das Bonner ABDA-Haus, als die Zentrale noch in Eschborn bei Frankfurt residierte. Zuvor war sie Mitarbeiterin des früheren FDP-Abgeordneten Dieter Thomae. Nach eigenenAngaben sind bei Lady Lobby Vertreterinnen von Apothekern, Ärzten, Krankenkassen und aus der Pharmaindustrie aktiv.