Die Bürger müssen sich nach Ansicht von Experten langfristig auf drastisch steigende Beiträge für die Pflegeversicherung einstellen, wenn der Gesetzgeber keine alternativen Finanzquellen erschließt. Bei einer Anhörung zur geplanten Pflegereform im Bundestag nannten Fachleute von Branchenverbänden als Gründe dafür die steigende Zahl von Pflegebedürftigen sowie Risiken bei Konjunktur, Lohnentwicklung und Beschäftigung.
Mehrfach äußerten die Experten Zweifel daran, dass das Beitragsplus von heute 1,7 auf 1,95 Prozent zum Start der Reform am 1. Juli wie geplant bis 2014 für die vorgesehene Ausweitung der Leistungen reicht. „Es würde mich nicht wundern, wenn wir in der nächsten Legislaturperiode über eine Erhöhung der Einnahmen reden müssten“, sagte der Bremer Gesundheitsökonom Heinz Rothgang. Die Kassen begrüßten bessere Leistungen und die Anpassung an die Lohnentwicklung von 2015 an.
Langfristig sei ein Beitragssatz von 3 bis 4 Prozent realistisch, sagte Winfried Schmähl, Professor für Sozialpolitik aus Bremen. Der Freiburger Finanzwissenschaftler Bernd Raffelhüschen sagte, die lohnbezogenen Beitragssätze würden auf 4 bis 7 Prozent steigen. Er plädierte für einen Systemwechsel mit eingefrorenen Beiträgen und einer Pflicht für eine Zusatzversicherung mit Kapitaldeckung. Der jüngste Pflegebericht der Regierung ging von einem Beitragssatz von 2,5 Prozent bis 2050 aus. Zur Diskussion standen zudem die Abkoppelung von den Arbeitskosten und die Bildung eines Kapitalstocks sowie die Forderung nach Zahlungen der privaten Pflegeversicherung an die gesetzlichen Kassen.
Im Koalitionskonflikt um die geplanten 4000 Beratungsstellen für Pflegebedürftige hat die SPD den Kompromissvorschlag einer zweijährige Modellphase aus der Union abgelehnt. „Das halte ich für zu lange“, sagte die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Carola Reimann. In der Ausgestaltung der Stützpunkte sei die SPD aber gesprächsbereit.
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